1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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des Odenwaldes, der wegen seines Laubholzes ein freundlicheres Aussehen
hat, als der Schwarzwald. Der Odenwald ist nach dem Rheine hin scharf
abgeschnitten. Es ist, als wäre eine Reihe Bergkegel nach der Schnur dahin
gesetzt. Darum heißt die unten vorbei laufende, von Darmstadt nach Heidelberg
führende Landstraße die Bergstraße, und nach ihr die ganze Gegend. Daist
eine herrliche Natur. Von den Bergesspitzen die weitesten, vortrefflichsten Aus-
sichten, an den Ahhängen Wein, Mandeln, Kastanien und Pfirsiche. Jenseit
des Rheins erblickt man in blauer Ferne das Haardtgebirge und den Donners-
berg in der Pfalz. Größer und durch seinen Handel wichtiger als Darmstadt
ist Mainz. Es liegt an der linken Rheinseite, der Mündung des Main
gegenüber. Auch Worms mit dem Lutherdenkmale und Bingen gehören
zu Hesien.
123. Sachsen und Thüringen.
1. Das Königreich Sachsen, welches sich zu beiden Seiten der Elbe ausbreitet,
ist durch das Erzgebirge und das Lausitzergebirge von Böhmen getrennt. Da,
wo die Elbe von Böhmen her sich durch das Gebirge windet, ist eine schöne
Gegend, die sächsische Schweiz genannt. Sie kann sich jedoch an Schönheit
nicht im entferntesten mit der eigentlichen Schweiz messen. Das Erzgebirge
verkündet durch seinen Namen schon, was für Produkte es in seinem Innern
birgt. „Silber hegen seine Berge wohl in manchem tiefen Schacht." Die
Silberbergwerke bei Freiberg, Annaberg und Schneeberg sind von
Alters her weit berühmt. Andere Theile des Gebirges sind reich an Stein-
kohlen. Die Frauen und Kinder der Bergleute beschäftigen sich vielfach mit
Spitzenklöppeln und Strohflechten. Das nördlich vom Erzgebirge liegende
hügelige und ebene Land ist meist sehr fruchtbar. Da aber Sachsen stark be-
völkert ist, so reicht der Ertrag des Bodens bei weitem nicht hin, die Bewohner
zu ernähren. Diese beschäftigen sich daher auch vielfach, besonders in und bei
Chemnitz, Zwickau, Plauen, Zittau u. s. w., mit Fabrikthätigkeit. Da
werden Tuche gewebt, andere wollene, auch leinene und baumwollene Stoffe
gefertigt und zur Messe nach Leipzig gebracht.
Die Hauptstadt Dresden liegt zu beiden Seiten der Elbe und gehört zu
den schönsten Städten Deutschlands. Weiter abwärts liegt Meißen, wo zuerst
in Deutschland Porzellan gemacht würde. Nahe an der Grenze der preußischen
Provinz Sachsen liegt Leipzig. Hier finden alljährlich im Frühjahre und
Herbste die weltberühmten Messen statt, zu welchen die Kaufleute aus ganz
Europa herbeiströmen, um alle erdenklichen Waaren zum Verkaufe auszubieten.
Fast noch berühmter, als durch seine Messen, ist Leipzig durch seinen Buch-
handel. Es ist der Stapelplatz des deutschen Buchhandels, von wo die Bücher
nach allen Orten hin versandt werden. (S. 197.)
2. Westlich vom Königreich Sachsen liegt das schöne Thüringerland.
Der Thüringerwald, welcher sich durch das Land zieht, hat von dem Nadelholz,
womit er größtentheils bedeckt ist, ein etwas düsteres Aussehen, doch fehlt es
nicht an schönen, weiten Aussichten in gesegnete Fluren und an freundlichen
Thälern. Gewerbsame Städte liegen rings umher. In manchen Städten, z. B.
in Suhl, schmiedet man vorzügliche Eisen- und Stahlwaaren, und in den
Dörfern erwerben sich die Leute durch Verfertigung von allerlei Holzwaaren
und Kinderspielsachen ihren Unterhalt. Da werden Schachteln zusammengebogen,
Schiefertafeln eingefaßt, Griffel gemacht, Kienruß in Füßchen gepackt, ferner
Puppengestelle, hölzerne Flinten und Säbel u. dgl. geschnitzt und unter dem
Namen „Nürnberger Waare" verkauft.
Heutiges Tages besteht das ehemalige Thüringen, dessen Hauptstadt
Erfurt war, aus einer Menge kleiner Staaten: als da sind die sächsischen
Herzogthümer, die reußischen und schwarz burgischen Fürstenthümer;
auch ein Theil der heutigen Provinz Sachsen gehörte dazu. Bei Eisenach
schaut auf einem steilen Berge aus dem Walde die Wartburg hervor.
Eisenach und die Wartburg, sowie auch die thüringische Universitätsstadt
Jena an der Saale liegen im Großherzogthume Sachsen-Weimar.