1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
380
Sie wehen in der Luft, um den Regen und Thau des Himmels zu
sammeln und Luft und Licht einzusaugen. Ist aber die Aehre bald
reif, dann welken die Blätter; denn sie haben ihre Arbeit vollbracht,
und die Nahrung, welche von der Wurzel aufsteigt, soll nun ganz
den Kornern zu gute kommen.
Nun sieh, wie kunstvoll der liebe Gott die Aehre gebaut hat.
Sie besteht aus vielen kleinen Blüthen, die alle an einen gemeinsamen
Stiel dicht angeheftet sind. Dieser Stiel heißt die Spindel. Immer
stehen 2 Vlüthenkelche einander gegenüber, daher ist die Aehre zwei-
zeilig. Jeder Kelch besteht aus 2 schmalen spitzen Blättchen, welche
2 kleine Blüthen umschließen. Aus dem Kelche hängen 2 kleine gelbe
Beutelchen heraus, die den Blüthenstaub enthalten. Weht nun ein
frischer Wind über das Kornfeld, so fallen die Staubkörnchen auf
einen andern kleinen Körper, der gerade in der Mitte der Staubfäden
steht und oben eine Narbe hat. Diese Narbe nimmt den Blüthen-
staub auf und schickt ihn bis zum Fruchtknoten hinab. Dieser schwillt
nun auf und bildet in seinem Innern das Roggenkorn, das wir im
Brote verspeisen. Das Roggenkorn ist für uns Bewohner des Nor-
dens ein wahrer Himmelssegen. Wo der Weizen nicht mehr wachsen •
will, weil ihm der Boden zu mager und die Luft zu rauh und kalt
ist, da gedeiht noch trefflich der Roggen; selbst auf hohen Gebirgen
kommt dies kräftige und starke Gewächs fort. Sogar sein Stroh ent-
hält noch vielen Nahrnngsstofs; zu Häcksel geschnitten mundet es den
Pferden und Kühen vortrefflich. Für uns aber ist das Roggenbrot
eine gesunde Hausmannskost, die wir jeden Tag mit gleicher Lust
verzehren.
Der Roggen ist eine Getreideart. Außer ihm sind auch die Gerste,
der Hafer, Mais, Weizen und die Hirse einheimische Getreidearten.
Die Getreidearten gehören zu den Gräsern, wozu auch das Schilfrohr,
das Bambusrohr, das Zuckerrohr und andere gerechnet werden.
Nach A. Grube.
64. Ter Zucker.
Das Zuckerrohr ist ursprünglich in Ostindien einheimisch. Von
dort aus verbreitete es sich auch in die übrigen Erdtheile. Gegenwärtig
wird es in größter Ausdehnung in Amerika, besonders in Westindieu
angebaut.
Das Zuckerrohr ist eine an feuchten Orten und im Wasser wach-
sende Grasart, die viel Aehnlichkeit mit unserem Schilfrohr hat. Es
treibt einen 3 — 4, ja bisweilen 6 Meter hohen und 3—4 Centimeter
dicken, knotigen Halm mit schilfigen Blättern. An der Spi^e desielben
erscheint wie ein Federbusch die weißgraue, glänzende Blüthenrispe.
Der Halm ist durch und durch mit einem weißen, saftigen und süßen
Mark angefüllt. Der Zuckersaft ist so nahrhaft, daß die mit der Ernte
beschäftigten Neger, welche zu dieser Zeit denselben nach Belieben ge-
nießen dürfen, ordentlich wohlbeleibt davon werden.