1888 -
Berlin
: Reimer
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp, Pischon, Friedrich August
- Auflagennummer (WdK): 226
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Vii. Gesundheitslehre.
13. Von dem Verhalten in Krankheiten.
Binder und Erwachsene leben nicht immer vernünftig, or-
dentlich und mäßig, und daher sind sie nicht immer gesund,
sondern fühlen sich oft krank und schwach. Wie sollen sie
sich dann verhalten?
Wer sich krank fühlt, soll sich vor allen Dingen ruhig
und geduldig verhalten, und die Hülfe eines Arztes suchen.
Das thun leider nur wenige Kranke. Sehr viele wollen in
der Krankheit nicht ruhig sein, sondern arbeiten und ihre
Gcschäffte betreiben, und dadurch machen sie die Krankheit
schlimmer. Andere wollen sich nicht geduldig den Befehlen
urrd Anordnungen des Arztes unterwerfen, sondern ge-
schwind geheilt sein, und nehmen darunr einen Quacksalber
an, der dann freilich die Krankheit oft geschwind genug
vertreibt, aber auf eine solche Art, daß eine noch gefährli-
chere Krankheit hinterher kommt.
Quacksalber nennt man die niedrigen Betrüger, welche
sich rühmen, alle Krankheiten schnell und glücklich zu hei-
len, ja sogar die Beschaffenheit und den Ursprung der
Krankheit aus dem Urin des Kranken sicher beurtheilen
zu können, und die doch nicht die allergeringste Kenntniß
vom menschlichen Körper, von den Heilkräften der Na-
tur, und von den Kräften der Arzneimittel haben, daher
auch nicht von der Obrigkeit zu Aerzten bestellt sind, son-
dern sich eigenmächtig rurd heimlich zu Aerzten auswerfen.
Ueberall finden sich solche Betrüger, und gewöhnlich sind
es Hirten, oder Scharfrichter, oder verdorbene Hand-
werksleute. Zuweilen gelingt es ihnen, durch ihre Arz-
neien einen Kranken wieder gesund zu machen, aber dann
hat alle Mal seine starke Natur das Beste dabei gethan,
und er kann froh sein, daß er so glücklich davon gekom-
men ist. Sehr oft kommen auch ihre Betrügereien an den
Tag, und dann werden sie von der Obrigkeit so hart be-
straft, wie sie es verdienen. Sie verstehen die Kunst,
einfältige Leute auszufragen, und hernach stellen sie sich,
als hätten sie Alles an dem Urin gesehen, was ihnen diese
erst selbst in ihrer Einfalt gesagt haben. Einige richten
ihre Weiber dazu ab, daß sie die Leute, welche den Urin
des Kranken bringen, ausforschen, und ihnen dasjenige
vorher hinterbringen, was sie nachher mit großer Prahle-