1871 -
Einbeck
: Ehlers
- Autor: Brakenhoff, Heinrich Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
religiöser und tugendhafter Gesinnungen. 69
und lebt noch. Da Hans, das schickt er euch zur Belohnung.
Der Amtmann legte sechs Hemden für ihn, eben so viele
für seine Frau, und für jedes Kind, auf den Tisch, und
Zeug zu vollständiger Kleidung für Jeden. Das Geld ließ
er rwch zurück, weil er die Gemüthsbewegungen des Man-
nes sehen wollte. Halls stand, wie versteinert, da, wischte
sich die Thränen aus den Augen, und fragte endlich, wo-
her der Amtmann wüsste, dais er das haben sollte. —
Er hat es geschrieben, sagte dieser. — Gott vergelte es
ihm, sagte der Bauer weinend, nun schelte mir keiner die
Juden mehr für Schelme! — Das sind sie auch nicht,
wenigstens nicht alle, sagte der Amtmann.—Nun brachte
dieser auch die fünfzig Dukaten und den Brief. Das ist
auch euer, sagte der Amtmann, und zählte das Geld hin.
Der gute Bauer war nun ganz stumm vor Erstaunen, las
den Brief, und rief endlich laut: Nein, Gott, das bin ich
nicht werth, für ein bisschen Baumeln am Beine! O Gott,
segne ihn, mach' alle Juden selig! — Er ging nun nach
Haus. Des Nachmittags kamen auch Frau und Kinder
zum Amtmann, und dankten so rührend, dass dieser weinen
musste. Hans und der Amtmann schickten nun ein Dank-
sagungsschreiben an den Juden, das recht herzlich war.
Auch noch jedes folgende Jahr bekam Hans von dem
Juden ansehnliche Geschenke. —
21. Was echte Freundschaft vermag.
Zu dem Prediger A. in D. kam ein Landmann aus seiner
Gemeine und bat ihn um einen Empfehlungsbrief, in
welchem er namentlich sagen möchte: dass er in D. Haus
und Hof habe und ein ehrlicher Mann sei.
Wem soll ich denn schreiben? fragte der Prediger. Der
Landmann: Dem Herrn Amtmann Z., zu welchem ich jetzt
gehen will wegen eines Anliegens meines Herzens. Es ist
aus unserm Dorfe, wie Ihnen bekannt ist, der ehrliche N.
ins Gefängniss gelegt, weil er beschuldigt wird, an einer
Schlägerei heimlich Antheil genommen zu haben. Ich aber
halte den guten Mann für unschuldig, und nur schlechte
Menschen sind schuld daran. Nun schon acht Wochen wird
der redliche Mann in dem ausländischen Dieosgefängniffe
fest gehalten. Ich habe ihn da besucht. Sein gutes Ge-
wissen giebt ihm zwar Muth; aber das ging mir sehr zu