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1. Neuer Kinderfreund - S. 220

1871 - Einbeck : Ehlers
220 . Von der Seele des Menschen. Derselbe hat für uns ebenfalls einen großen Nutzen; denn er macht, dass wir täglich klüger und besser werden; indem er uns antreibt, dasjenige zu' thun, was wir erfah- rene und verständige Leute thun sehen. — Die Affen haben zwar auch den Trieb der Nachah- mung; weil sie aber keine Vernunft haben, so können sie nur äußere Dinge, Geberden und Handlungen, aber nicht innere und unsichtbare Gedanken und Gesin- nungen nachahmen. — §. 11. Ich war vor einiger Zeit in Hamburg, ging eines Tages am Hafen spazieren, als gerade ein Schiff aus Ost- indien ankam, das zwei Jahre abwesend gewesen war. Auf einmal kamen zwei Frauen zum Hafen gelaufen, um zu sehen, ob ihre^ lieben Männer, die mit diesem Schiffe ab- gereiset waren, auch gesund zurückgekommen wären. Die Freude der einen Frau war unbeschreiblich groß, als sie ihren Mann auf dem Vordertheile des Schiffes erblickte. Sie streckte die Arme nach ihm aus, und wusste vor Freude kaum, wo sie war; ja sie wäre im Taumel ihres Entzückens vielleicht ins Wasser gestürzt, wenn ein Freund, der neben ihr stand, sie nicht festgehalten hätte. Ihr Mann war eben so hoch erfreut, seine geliebte Gat- tinn wieder zu sehen; mit ausgebreiteten Armen lief er bis auf den äußersten Rand des Schiffes ihr entgegen. Aber nun richtete ich meine Augen auf die andere Frau. O die arme Person! Auch sie hoffte ihren lieben Mann nach einer so langen Abwesenheit gesund wieder in ihre Arme zu schließen. Aber welch ein Donnerschlag war es für sie, da ein Bootsknecht vom Schiffe herab ihr zu- rief, dass ihr Mann bei einem Sturme vom Verdecke hinab ins Meer geworfen und ertrunken sei! Ach, wie sie vor Verzweiflung schrie, seinen Namen rief und die Hände rang; es war höchst traurig anzusehen. Sie hörte, sahe und dachte an nichts, als an ihren unersetzlichen Verlust. Einen solchen Zustand unserer Seele, da sie sich so sehr freuet oder sich so sehr betrübt; so heftig Etwas be- gehrt, oder so heftig etwas verabscheuet, dass sie an nichts Anderes denkt, nichts Anderes hört und steht, und dass das Blut in unsern Adern sich viel schneller bewegt, nennt man Affekt, auf deutsch: Leidenschaft. Die Seelen der
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