1877 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 90
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
34
nach allen Seiten um. Als sie sich sicher glaubten, liefen sie in dein
Zimmer umher und suchten, ob sie etwas Eßbares fänden. Es lagen
wirklich Vrod- und Weckkrumen umher, und ich erwartete, daß sie
diese vor meinen Augen verzehren würden. Allein dies geschah nicht,
vielmehr liefen sie eifrig in ihre Höhle zurück. Ich dachte anfangs,
sie hätten mich bemerkt, und wären deshalb entflohen, allein auch
hierin hatte ich mich getäuscht. Nach wenigen Augenblicken kamen
sie wieder, aber nicht allein, sondern in Begleitung einer viel größeren
und offenbar alten Natte, welche sie durch Stoßen und Ziehen aus
dem Loche und an den Platz brachten, wo die Krumen lagen. Ich
wußte gar nicht, was dies bedeuten sollte, bis ich endlich bemerkte,
daß die alte Ratte blind war. Denn ich sah, daß sie nach den
Krumen hin tastete, bis sie eine erreichte, und da ihr auch das
Laufen beschwerlich zu werden schien, so brachten ihr die Jungen
die Bröckchen ganz in die Nähe, ohne selbst das Geringste davon zu
fressen. Ich hätte gern von meinem Frühstück, das vor mir stand,
noch etwas für die blinde Alte hinzugefügt, wenn ich nicht
gefürchtet hätte, die brave Nattcnfamilie zu verjagen. Allein ich
war wahrhaft gerührt von der kindlichen Zärtlichkeit der jungen
Thiere, welche mehr für ihre hüls lose Mutter thaten, als viele
Menschen.
8. Friederike und die Hühner.
Wenn Friederike auf den Hof kam, flatterten alle Hühner ängste
lich umher, einige flogen auf's Dach, andere in ihren Stall. Anders
war es , aber, wenn die Mutter kam. Da freuten sich die Hühner,
flogen herbei, umflatterten die Angekommene und gaben ihr Ver-
gnügen durch lautes Gackern zu erkennen.
Woher kommt es doch nur, daß sich die thörichten Vögel so vor
mir fürchten, dich aber so lieb haben? fragte einst Friederike. —
Das will ich dir sagen, antwortete die Mutter. Du, mein Kind,
neckst die armen Thierchen immer, scheuchst sie umher und willst sie
fangen. Das merken sich die Hühnchen und fliehen deshalb vor
dir. Ich aber füttere sie, und da kommen sie gerne. Wenn du es
mit den Hühnern auch gut meinst, sie nicht mehr ängstigest und
ihnen bisweilen Futter giebst, so werden sie auch gegen dich zutrau-
lich sein.
Das merkte sich Friederike und 'that, wie die Mutter gesagt hatte-
Da flogen die Hühner nicht mehr vor ihr fort, sondern freuten sich
ebenso, als wenn die Mutter kam.
Auch die Thiere lieben den, der es mit ihnen gut meint!
9. Von dein Hahn.
Der Hahn in seiner Tennen thut herzhaft einen Schrei, d§
kommen alle Hennen geschwind, geschwind herbei. Da nennt er sie
bei ihren Zunamen allzumal und führet sie spazieren hinunter in