Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen - S. 35

1877 - Essen : Bädeker
35 das Thal. Führt sie zu einem frischen Labtrunk am Wiesenborn, giebt ihnen aufzutischen gar manches Gerstenkorn. Und daß auch nicht der Braten abgehe bei dem Schmaus, so ist er gleich berathen und geht aufs Jagen aus. Ein Käfer kommt gewackelt, schön dunkelgrün und roth, da wird nicht lang gefackelt; Herr Hahn, der schießt ihn todt. Und schlachtet mit dem Schnabel den Käfer, wie ein Kalb, und theilt ihn ohne Gabel in Stücke halb und halb. Dann ruft er alle Hennen mit „gluck, gluck, gluck!" zu Häuf', die wackeln und die rennen daher im schnellsten Lauf. Und nach dem Braten recken sie den gestreckten Hals und lecken ihn und schmecken ihn ohne Salz und Schmalz. Und wenn das Schnabulircn hierauf ein Ende hat, dann führt er sie mit ihren Küchlein zur Ruhestatt. Er aber vor dem Stalle singt noch ein „Kikriki" und rastet nicht, bis Alle auch eingeschlafen hie. Dann legt er auf die Seiten den zunderrothen Kamm, daß morgen er bei Zeiten den Bauer wecken kann. 10. Das Kanarienvögelcheir. Ein kleines Mädchen, Namens Karoline, hatte ein allerliebstes Kanarienvögelchen. Das Thierchen sang vom frühen Morgen bis zum Abend und war sehr schön, goldgelb mit einem schwarzen Häubchen. Karoline gab ihm zu effen, Samen und kühlendes Kraut, zuweilen auch ein Stückchen Zucker und täglich frisches Wasser. Aber plötzlich begann das Vögelchen zu trauern, und eines Morgens, als Karoline ihm Wasser geben wollte, lag es todt im Käfich. Da erhob die Kleine ein lautes Wehklagen um das geliebte Thier und weinte sehr. Die Mutter aber ging hin und kaufte ein anderes, was noch schöner an Farbe war, und eben so lieblich sang wie jenes, und that es in den Käfich. Aber das Mädchen weinte uoch lauter, als es das neue Vögelchen sah. Da wunderte sich die Mutter sehr und sprach: „Mein liebes Kind, warum weinst du noch? Deine Thränen werden das gestorbene Vögelchen nicht wieder ins Leben rufen, und hier hast du ja ein anderes, das nicht schlechter ist als jenes!" Da sprach das Kind: „Ach liebe Mutter, ich habe unrecht gegen das arme Thierchen gehandelt und nicht alles an ihm gethan, was ich sollte und konnte." — „Liebe Karoline," antwortete die Mutter, „du hast es ja liebevoll gepflegt!" — „Ach nein," erwiderte das Kind, „ich habe noch kurz vor seinem Tode ein Stückchen Zucker, das du nur für das Vögelchen gabst, ihm nicht gebracht, sondern selbst gegessen." So sprach das Mädchen mit betrübtem Herzen. Die Mutter aber lächelte nicht über die Klagen des Mädchens, sondern sagte: „Ach, wie mag erst dem undankbaren Kinde zu Muthe sein am Grabe seiner Eltern!" 3*
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer