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1. Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen - S. 69

1877 - Essen : Bädeker
69 3. Der Habenichts. Vor vielen hundert Jahren lebte der Ritter Walter von Habe- nichts. Von diesem stammt die große Familie der Habenichtse ab, Welche in der ganzen Welt zerstreut ist. Ganz nahe verwandt mit Dieser Familie sind die Taugenichtse; mancher junge Habenichts wird Ein alter Taugenichts, und mancher junge Taugenichts wird ein alter Habenichts. Hört nur einige Geschichten von den Habenichtsen. Ein junger Habenichts von sieben Jahren erhielt, wie seine übrigen Geschwister, eine Sparbüchse zum Geschenk. Dabei versprach ihnen ^er Vater, so oft ein Kind unbefohlen etwas Nützliches im Hause verrichte, ihm einen Kreuzer zu geben. Mit diesen Kreuzern sollten sie die Sparbüchse füllen, und wenn Jahrmarkt wäre, dürfte sich jedes nach seinem Belieben etwas kaufen. Da waren die Kinder voll Äeude und Eifer, jedes gab Acht, ob es nichts zu thun gebe, was Eltern nützen könne. Das eine fand hier und da altes Eisen, sammelte es und brachte es dem Vater; das andere schüttelte die Maikäfer von den Bäumen, und warf sie in einen Topf und übergab ihn dem Vater, damit sie getödtet wurden. Ein Mädchen strickte noch einmal so viel an seinem Strumpf, als ihm aufgegeben war, ein anderes füllte die Gießkanne und begoß die Pflanzen im Garten und die Leinwand auf der Bleiche. Alle verdienten sich manchen Kreuzer; nur kein Habenichts wollte nichts einfallen, was er Nützliches thun könnte. Denn er wirklich etwas anfing, so brachte er es nicht bis zu Ende. Endlich erbarmte sich doch einmal die Mutter über ihn, und schenkte ihm drei Kreuzer. Aber kaum hörte er diese in seiner Sparbüchse Kappern, so machte er auch schon tausend Anschläge, das Geld aus- zugeben. Ehe der Jahrmarkt kam, hatte er den einen Kreuzer ver- nascht, für den zweiten steinerne Spielkügelchen gekauft, und diese sogleich verspielt, den dritten hatte er gar aus seiner löchernen Tasche verloren. Als der Markttag kam, und die andern sich schöne Waaren kauften, hatte er allein nichts. Er war und blieb sein Leben lang ker Habenichts. Ein alter Habenichts mußte betteln gehen, obgleich er früher Haus und Hof und Feld und Vieh besesten hatte, so gut wie irgend einer. Auch war ihm sein Haus nicht abgebrannt, sein Feld nicht über- schwemmt worden, sein Vieh nicht an der Viehseuche gestorben; sondern der Herr Habenichts war auch ein Taugenichts. Er hatte nicht gearbeitet, sondern viel geschlafen, viel im Wirthshaus gesessen, viel gegeffen, viel getrunken, viel gespielt. So war es gekommen, daß ^ einen Acker nach dem andern, ein Stück Vieh nach dem andern verkaufen mußte, und daß zuletzt sein Haus von dem Gericht ver- steigert wurde. Als er gar nichts mehr hatte, da wurde er ein Bettler, und durchzieht nun mit dem Stock und dem Bettelsack das Land. Allein oft muß der Habenichts Hunger leiden, weil die Leute sagen: „Du bist ja noch gesund und stark. Warum arbeitest du nicht?" Aber das hilft nun nichts mehr; denn wer in seiner Jugend nicht
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