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1. Lesebuch für die 5., 6. und 7. Klasse der Volksschule - S. 498

1895 - München : Oldenbourg
498 74. Jerusalem. liche Kirche des heiligen Grabes. Zwei Säulengänge, der eine über dem andern, laufen längs ihrer runden Wände. Über ihnen wölbt sich eine majestätische Kuppel, durch deren große Öffnung das Tageslicht prächtig hereinströmt. Senk- recht darunter stehet, wie eine kleine Kirche in einer großen, das heilige Grab, von weißem Marmor aufgeführt. Im Innern enthält es zwei in den Kreidefelsen gehauene, aber gleichfalls mit Marmor überkleidete Gemächer. Durch die Eingangspforte, vor welcher vier hohe silberne Leuchter mit armdicken brennenden Wachskerzen stehen, gelangt man zuerst in ein kleines Gemach, die Engelskapelle. Aus dieser tritt man tief gebückt durch ein enges Pförtchen in die eigentliche Grabkammer, deren größere Hälfte der Altar einnimmt, welcher den Felsensarg des Herrn bedeckt. Viele kleine Nischen umgeben den Altar, geschmückt mit goldenen und silbernen Leuchtern und Gefäßen. Viele Lampen — Geschenke von Päpsten, Kaisern und Königen — erleuchten die Grotte Tag und Nacht. Die Luft ist erfüllt vom Duft des Weih- rauchs, der hier reichlich angezündet wird. Alles ist still. Niemand wagt ein lautes Wort zu sprechen. Unsere Seele versinkt in unaussprechliche Gedanken bei der Vorstellung des einzigen Grabes der Erde, welchem der jüngste Tag keinen Toten abzufordern hat. Wir durchschritten das nach dem Blutzeugen Stephanus benannte Thor, und vor uns lag das tiefgeschluchtete Thal Josaphat und gegenüber der Ölberg. Wir gingen den steilen Fußpfad hinab und über die Brücke des im Sommer wasserleeren Kidron. Jenseits stehen wir an einem um- mauerten Gartenraum. Wir klopfen an die kleine Pforte, ein Wächter öffnet uns, und wir sind in Gethsemane. Es ist ein viereckiger Platz, mit vielen Blumenbeeten und acht uralten Olivenbäumen geschmückt. Eine feierliche Stille umgab uns. Kein Geräusch der Stadt drang zu unsern Ohren. Unwillkürlich schwebte das Bild de§ Erlösers vor die Seele, wie er hier trauerte und zagte.
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