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1895 -
München
: Oldenbourg
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
582
117. Karl der Große.
Kaiser!" Trompeten schmetterten; Helle Musik ertönte in
tausendfachem Jubel des Volkes; ein zahlreicher Chor stimmte
den Krönungsgesang an.
So war Karl zu einer kaum geahnten Macht empor-
gestiegen. Sein Reich erstreckte sich von den Pyrenäen bis
zur Oder, von der Nord- und Ostsee bis zur Südküste
Italiens. Diese gewaltige Masse von Ländern wußte
seine Hand aber so gut zu lenken, als sie das Schwert zu
führen gewohnt war. Aus allen Ländern mußten ihm regel-
mäßig Berichte eingeschickt werden; nach allen Richtungen
sandte er Befehle und wußte denselben Nachdruck zu geben.
Seine Petschaft war in seinem Degenkopf eingegraben.
Hatte er nun einen Befehl an einen widerspenstigen Herzog
untersiegelt, so pflegte er wohl zu sagen: „Hier ist mein
Befehl und hier" — den Degen schüttelnd — „der, welcher
ihm Gehorsam verschaffen soll." Auf die Rechtspflege richtete
Kaiser Karl fein ganz besonderes Augenmerk. Er liebte
auch die Baukunst und ließ zahlreiche und prächtige Bauten
aufführen, wie zu Aachen, woselbst er sich überhaupt am
liebsten aufhielt.
Karl war von starkem Körperbau und erhabener Gestalt.
Er hatte eine hohe, klare Stirne und große lebhafte Augen,
die dem Freunde fröhlich, dem Feinde furchtbar leuchteten.
Im Reiten, Fechten und Schwimmen war er sehr geschickt;
auf der Jagd kämpfte er mit Bären, Wölfen und Auer-
ochsen. Im Essen und Trinken war er höchst mäßig. Kleider-
pracht liebte er nicht; am liebsten trug er Kleider, die seine
Töchter gesponnen und gewebt hatten. Nur an Reichstagen
und bei hohen Festen erschien er mit voller Majestät, mit
einer goldenen, von Diamanten strahlenden Krone auf dem
Haupte, angethan mit einem langen, herabwallenden Mantel.
Am 28. Januar 814 schied Kaiser Karl aus diesem
Leben, indem er sterbend betete: „In deine Hände, o Herr,
befehle ich meinen Geist." Sein Andenken aber lebt fort
in den Sagen Und Liedern des Volkes. (Münchener Lesebuch.)