1895 -
München
: Oldenbourg
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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131. Das Rittertum im Mittelalter.
131. Pas Hlittertum im Wittekakter. f
Die Zeit der Kreuzzüge war auch die Blütezeit des
Rittertums, welches in Deutschland von Kaiser Hein-
rich I. begründet war. Aus den Reitern, die jener große
König in seinem Lande zuerst zur Kriegführung benutzte,
entstanden später die Ritter, welche bald als ein be-
sonderer Stand auftraten und den Kriegsdienst zu ihrem
Lebensberufe machten. Bald galt der Ritterstand als vor-
züglich ehrenvoll, und ihm widmeten sich besonders die
Reichen und Adeligen. Schwer gerüstet, vom Kopfe bis zu
den Füßen mit Eisen bedeckt, von Jugend auf in den Waffen
geübt, waren diese den gemeinen Kriegern, die zu Fuße
dienten und schlechter bewaffnet waren, weit überlegen, und
bald zählte man ein Heer nur nach der Menge der Ritter.
Um solche Vorzüge zu behaupten, mußte die Erziehung
des Adels ganz kriegerisch sein. Die deutschen Knaben
lernten deshalb oft eher „reiten" als „reden".
Sobald der Knabe der ersten häuslichen Pflege ent-
wachsen war, trat er, gewöhnlich im siebenten Jahre, als
Edelknecht oder Page in den Dienst eines anderen Ritters,
den er als Vorbild für sein künftiges Leben betrachtete.
Hier lernte er Zucht und Gehorsam, übte sich im Reiten
und Fechten, säuberte seinem Herrn die Waffen, wartete ihm
bei der Tafel auf und begleitete ihn auf die Jagd. In
seinem 14. Jahre wurde er Knappe, empfing das Schwert
und lernte nun den schweren Waffendienst. Als Waffen-
träger folgte er jetzt feinem Herrn auch in die Schlacht.
Dem Herrn treu anzuhangen, im Kampfe das Leben für
ihn einzusetzen, das galt ihm als die erste seiner Pflichten.
So wurde die Treue die erste Tugend, die mit aller Kraft
durch fortwährende Übung sich dem jungen Gemüte einpflanzte.
Nach siebenjähriger, rühmlich bestandener Kuappenschaft
wurde der Jüngling unter der Weihe der Religion durch
den Ritterschlag in die ebenbürtige Kampfgenossen-