1880 -
Danzig
: Axt
- Autor: Krüger, Carl Adolf
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Wilhelm I.
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denn aber ich?" fragte er nochmals. Freundlich lächelnd blickte ihm das Kind ins Auge
und sagte: „Ins Himmelreich." Gerührt hob der König das Mädchen zu sich empor und
küßte es.— Eine schwere Krankheit, die den König im Jahre 1857 ergriff, nötigte ihn, die
Negierungsgeschäfte seinem ältesten Bruder Wilhelm zu übertragen. Dieser führte nun den
Titel „Prinzregent." Nach jahrelangem Leiden starb Friedrich Wilhelm Iv. am 2. Januar 1861.
41. Wilhelm I. seit 1861.
Prinz Wilhelm. Friedrich Will) elm Iv. hatte keine Kinder, und deshalb be-
fticst sein Bruder Wilhelm I. den Thron. Er wurde am 22. März 1797 geboren und war
in seiner frühen Jugend sehr schwächlich. Da er große Lust zum Soldatenstande hatte
uitb sein Körper sich auch kräftig entwickelte, so konnte er schon während der Befrciungs-
kriege mit ins Feld ziehen. Als im Februar 1814 die Verbündetet: den Franzose::
bei Bar sur Anbe (barßürohb) in Frankreich eine Schlacht lieferten, empfing Wilhelm
die Feuertaufe. Seit: königlicher Vater bemerkte nämlich die großen Verluste eines
russischen Regiments ur:d sagte zu seinem Sohne: „Reite einmal hin und erkundige
dich, von welchen: Regimente die vielen Verwundete:: sind." Sofort sprengte der Prinz
in: dichtesten Kugelregen an die fechtenden Russen heran, erkundigte sich nach dem Namen
des Regiments, zählte die Verwundeten und erstattete dann dem König den Bericht.
Für seinen Mut erhielt er bald darauf das eiserne Kreuz. Als Friedrich Wilhelm Iv.
den Thron bestiegen hatte, ernannte er seinen Bruder Wilhelm zum „Prinzen von
Preußen" und verlieh ihm den Oberbefehl über sämmtliches preußisches Militair.
Augusta, eine Tochter des Großherzogs von Sachsen-Weimar, wurde seine Gemahlin.
Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder : die Prinzessin Luise, vermählt mit dem Groß-
herzog von Baden, und unser jetziger Kronprinz Fried rich Wilhelm, vermählt mit
Victoria, einer Prinzessin von England.
König Wilhelm. Am 18. Oktober fand zu Königsberg die feierliche Krönung
Wilhelm I. statt. Als König war er nun bestrebt Deutschland einig und wehrhaft zu
machen und unterließ nichts, was seines Reiches Ruhm mehren konnte. Viele Ver-
besserungen im preußischen Heerwesen wurden eingeführt, obgleich der König vielfältig
ans Widerstand stieß. Drei Männer sind es vorzugsweise, die ihm treu zur Seite
standen. Es waren dies die Minister Bismarck und Roon und der General
v. Moltke. König Wilhelm hat den dänischen, den deutschenundden deutsch-französischen
Krieg gefiihrt und sein Reich sehr vergrößert. Ja, nach dem letztgenannten Kriege
einigten sich die deutschen Fürsten sogar dahin, daß sie das deutsche Reich grün-
deten und König Wilhelm zum Kaiser dieses Landes machten.
Zwei Mordversuche. Obgleich Kaiser Wilhelm es stets mit seinen Unterthanen
herzlich gut meint, wurde doch im Jahre 1878 von zwei Bösewichten Hödel und
Nobiling auf ihn geschossen. Hödel wurde deshalb hingerichtet: Nobiling jedoch
hatte versucht, sich nach seiner ruchlosen That selbst zu erschießen und starb in Folge
dessen im Gefängnis. Da unser geliebter Kaiser durch Nodilings Schüsse verwundet
worden war und schwer erkrankte, so übergab er vorläufig die Regierung dem Kron-
prinzen Friedrich Wilhelm, welcher nun seinen hohen Vater bis zu dessen Wieder-
herstellung vertrat. Das treue Volk aber fühlte den Schmerz des leidenden Monarchen
mit und zeigte seine Teilnahme auf verschiedene Weise. In Kirchen und Schulen wurde
Gott gepriesen, daß er so gnädig das Leben des Kaisers behütet hatte, und im Lande
wurde die sogenannte W i l h e l m s sp e n d e veranstaltet. Es wurden nämlich Listen aus-
gelegt, in welche patriotischeherzen ihrenamen einschrieben und gleichzeitig einenbcitrag
zahlten. Dieselisten undgeldsummen wurden später demmonarchen überreicht, welcher
das Geld zu wohlthätigen Zwecken bestimmte. — Als der teure Kaiser wieder genesen
war und die Regierung übernahm, da waren die meisten Herzen unseres Volkes von
Dank gegen Gott erfüllt und wünschten dem glorreichen Herrscher ein noch langes Leben.
Goldene Hochzeit. Große Freude aber herrschte im ganzen deutschen Reich, als
der 11. Juni 1879 herangekommen war. An diesen: Tage feierte nämlich unser geliebtes
Kaiserpaar seine goldene Hochzeit. Schon lange vorher waren zu diesem hochwichtigen
Feste von den treuen deutschen Landeskindern Vorbereitungen getroffen. Man hätte
auch Geldsanttnlungen veranstaltet und milde Stiftungen eingerichtet, durch welche in
Zukunft verschiedenen Notleidenden geholfen werden soll. An diesem Jubelfest nahm
überhaupt alt und jung lebhaft Anteil, und die Glückwünsche fiir das Wohl des