1881 -
Danzig
: Boenig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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gegenbeii ein Mann, dessen Feld hatte gut getragen. Und sein Feld
war groß, so daß er eine Menge Roggen in der Scheuer und
endlich ans dem Boden hatte. Hoch waren die Preise schon im
Herbste. Mit dem Winter und dem Frühjahr stiegen sie immer
höher. Mancher Handelsmann klopfte au die Thür des Reichen;
mancher Handwerker bettelte, er möchte ihm doch für gutes Geld
ein Schesselchen ablassen. Alle aber wurden abgewiesen mit der
Antwort: „Ich Habemir einen Schatz gemacht; der Boden wird
nicht eher geöffnet, als bis der Scheffel acht Thaler kostet. Da-
bei bleibe ich!" Und zum Zeichen hatte er an die Bodenthür
eine große, schwarze 8 mit Kohle gemalt. — Der Winter ver-
ging, der Mai kam heran; die Preise waren hoch gestiegen; denn
das Frühlingswasser hatte großen Schaden gethan.
Am 7. Mai kam zu dem Bauer ein armer Leinweber. Sein
Gesicht sah vor Hnnger und Gram ans wie graue Leinwand.
Er zahlte, damit der reiche Mann Geld sähe, für einen halben
Scheffel 3 Thlr. 22 Gr. auf den Tisch. Aber der Bauer sprach:
„Euer Aufzählen hilft Euch nichts; der Scheffel kostet 8 Thlr.;
das ist mein Satz. Eher thue ich meinen Boden nicht ans."
Des Bauers Söhnchen, ein Bürschchen von zehn Jahren, zupfte
den Alten am Rock: „Vater, gebt's ihm doch!" Aber der Vater
prägte ihm mit einem Rippenstoß andere Grundsätze ins Herz.
Der Weber mußte sein Geld zusammenstreichen und heim wan-
dern. Den 8. Mai in der Abenddämmerung kam die Zeitung
an. Einen Blick hinein, und der Bauer fand, was er finden
wollte: „Roggen 8 Thaler." Da zitterten ihm die Glieder vor
Freude. Er nahm ein Licht, ging ans den Boden und wollte über-
sehen, wie viel er wohl verfahren könnte, und überschlagen, wie
groß seine Einnahme wäre. Indem er so durch die Haufen und
gefüllten Säcke hinschreitet, strauchelt er und fällt; das Licht
fliegt ihm aus der Hand und in einen Hansen Stroh, der da-
neben liegt. Ehe er sich aufraffen kann, steht das Stroh in
hellen Flammen. Bald hat das Feuer den Dachstuhl und die
Dielen ergriffen. Um Mitternacht an demselben Tage, wo der
Scheffel Roggen 8 Thaler galt, wo er auf seinen Satz gekommen
war, wo er seinen Boden geöffnet hatte, stand er am Schutt-
haufen seines ganzen Gutes als ein armer Mann. Ahlfew.
140. Sparsamkeit ist nicht Geiz.
Zwei Einwohner eines abgebrannten Dorfes gingen von Ort
zu Ort, um milde Gaben für dasselbe einzusammeln. Da kamen
sie zu einem großen Bauernhöfe, wo der Bauer eben vor der
Thür stand. Er verwies es einem Knechte ernsthaft, daß er die
Stricke, woran die Ochsen gespannt waren, über Nacht im Regen