1881 -
Danzig
: Boenig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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machte sich auf den Weg nach Bremen; dort, meinte er, könnte
er ja Stadtmusikant werden. Als er ein Weilchen fortgegangen
war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte
wie einer, der sich müde gelaufen hat. „Nun, was jappst du so,
Packan?" fragte der Esel. „Ach/ sagte der Hund, „weil ich alt
bin und jeden Tag schwächer werde und auf der Jagd nicht mehr
fort kann, hat mich mein Herr wollen totschlagen, da hab' ich
reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot ver-
dienen?^ „Weißt du was," sprach der Esel, „ich gehe nach Bremen
und werde dort Stadtmusikant; geh mit und laß dich auch bei
der Musik annehmen. Ich spiele die Laute und du schlägst die
Pauken." Der Hund war's zufrieden, und sie gingen weiter.
Es dauerte nicht lange, so faß da eine Katze an dem Wege und
machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. „Nun, was ist
dir in die Quere gekommen, alter Bartputzer?" sprach der Esel.
„Wer kann da lustig sein, wenn's einem au den Kragen geht,"
antwortete die Katze, „weil ich nun zu Jahren komme, meine
Zähne stumpf werden, und ich lieber hinter dem Ofen sitze und
spinne, als nach den Mäusen herumjage, hat mich meine Frau
ersäufen wollen; ich habe mich zwar noch fortgemacht, aber nun
ist guter Rat teuer; wo soll ich hin?" „Geh mit uns nach
Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, du kannst ein
Stadtmusikant werden." Die Katze hielt das für gut und ging
mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hofe
vorbei, da faß auf dem Thore der Haushahn und schrie aus
Leibeskräften. „Du schreist einem durch Mark und Bein," sprach
der Esel, „was hast du vor?" „Da hab' ich gut Wetter prophe-
zeit," sprach der Hahn; „aber weil morgen zum Sonntag Gäste
kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und hat der
Köchin gesagt, sie wollte mich morgen in der Suppe essen, und
soll ich mir heute abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schreie
ich aus vollem Halse, so lange ich noch kann." „Ei was, du
Rotkopf/ sagte der Esel, „zieh lieber mit uns fort nach Bremen,
etwas Besseres als den Tod findest du überall; du hast eine gute
Stimme, und wenn wir zusammen musizieren, so muß es eine
Art haben." Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sic
gingen alle vier zusammen fort.
Sie konnten aber die L-tadt Bremen in einem Tage nicht
erreichen und kamen abends in einen Wald, wo sie übernachten
wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen
Baum, die Katze und der Hahn machten sich in die Aste, der
Hahn aber flog^bis in die Spitze, wo es am sichersten für ihn
war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier
Winden um; da däuchte ihm, er sehe in der Ferne ein Fünkchen
brennen, und rief feinen Gesellen zu, es müßte nicht gar weit