1881 -
Danzig
: Boenig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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zur Gemahlin erkoren. Sie war ein Bild der Anmut und
Freundlichkeit, und in ihrem Gemüte wohnte Frömmigkeit und
Wohlwollen gegen jedermann. Im Jahre 1794 wurde sie Kron-
prinzessin von Preußen. Das war ein Jubel in Berlin, als
der Kronprinz an ihrer Seite seinen Einzug hielt. Hätten sie
Blumen gehabt in den kalten Dezembertagen, sie hätten ihnen
den Weg damit reichlich bestreut. Sie ließen es auch so nickt
fehlen, das junge Paar festlich zu empfangen, und das ganze
Land freute sich mit. Denn so ist es immer gewesen in Preußen:
die Festtage des hohen Fürstenhauses sind auch die Festtage des
Volkes. Das neuvermählte Paar führte eine glückliche und ge-
segnete Ehe. Nirgends weilten sie lieber als daheim in ihrer
Häuslichkeit. An den Festlichkeiten, die man wohl an Fürsten-
höfen feiert, hing ihr Herz nicht. — Dem Volk gefiel es, daß
Luise ein Herz für die Leiden und die Not der Armen hatte; ihre
Leutseligkeit und ihr mildes Wesen gewann ihr aller Herzen.
Das hohe Paar verkehrte auch gern mit gewöhnlichen Leuten.
Das blieb so, als der Kronprinz König geworden war.
Nicht weit von Potsdam liegt das Gut Paretz. Dort ver-
weilten Friedrich Wilhelm und Luise oft und gern und verlebten
da vergnügliche Tage. Der König ließ sich gern als den
„Schulzen von Paretz" ansehen, und seine Gemahlin hieß „die
gnädige Frau von Paretz." Die hohe königliche Frau verkehrte
gar leutselig mit den schlichten Landleuten. Wenn sie in Paretz
die Garben eingebracht hatten und das Erntefest bei Spiel und
Tanz feierten, so hielt sie sich nicht für zu hoch, sondern mischte
sich unter die lustigen Tänze der Landleute, tanzte auch wohl
einmal mit. Auch sonst, wenn sie ein Dorffest feierten, verkehrte
sie fröhlich mit den Bauersleuten, und die liebe Dorfjugend um-
ringte sie jubelnd, wenn sie von Bude zu Bude ging, um Ge-
schenke einzukaufen für die Kinder, die hinter ihr her schrien:
„Mir auch was, Frau Königin!" Büttner.
262. Die Jahre der Trübsal.
Napoleon, welcher sich 1804 zum Kaiser der Franzosen ge-
macht hatte, strebte nach der Weltherrschaft. In seinem Über-
mute verletzte er vielfach die Friedensbedingungen. Da schlossen
England, Rußland und Österreich ein großes Bündnis gegen
ihn. Wie der Blitz brach er in Deutschland ein und besiegte
Rußland und Österreich in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz
1805. Er vereinigte 16 deutsche Fürsten zu dem schimpflichen
„Rheinbünde" und nannte sich ihren „Beschützer." Willenlos
thaten sie, was der Gewaltige wünschte. Kaiser Franz legte die
deutsche Krone 1806 nieder und nannte sich Kaiser von Öster-
Lesebuch für katholische Volksschulen. 14