1894 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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46. Hier ist gegipst.
Benjamin Franklin nützte seinen Landsleuten, den Nordamerikanern, nicht
nur als Staatsmann, sondern auch als Landmann bestrebte er sich, durch sein
Beispiel zu wirken. Er benutzte unter andern: den Gips, und erhielt dadurch
— was jetzt jeder Bauer weiß, damals aber noch wenig bekannt war — viel
schöneren Klee als seine Nachbarn. Diese aber wollten nicht glauben, daß das
Gipsen die Ursache des schönen Klees sei. Das ärgerte Franklin, und er dachte
anfangs: „Nun, wenn ihr's nicht besser haben wollt, so laßt enern Klee nn-
gegipst." Doch über Winter besann er sich anders, und im Frühjahr wählte er
sich einen Kleeacker an der Straße aus und streute in aller Stille die Worte:
„Hier ist gegipst!" in mannsgroßen Buchstaben mit Gips über den Klee; außer-
dem ließ er dieses Kleestück nngegipst. Als nun später die Leute vorbeikamen,
sahen sie die dunklen fetten Streifen im Klee, fingen an zu buchstabieren, und
brachten bald die drei Worte heraus: „Hier ist gegipst." Nun wanderte alles
zum Acker hin, sah und las — und daß von jetzt an die Belehrung wirkte,
das brauchen wir eigentlich nicht hinzuzusetzen.
47. Abendlied eines Landmanns.
1. Das schöne, grosse Taggestirne
vollendet seinen Lauf;
komm’, wisch’ den Schweifs mir von der Stirne,
lieh' Weib, und dann tisch’ auf.
2. Kannst hier nur auf der Erde decken,
hier unterm Apfelbaum;
da pflegt es abends gut zu schmecken
und ist am besten Raum.
3. Nun rufe flugs die kleinen Gäste.
denn hör’, mich hungert sehr;
bring’ auch den Kleinsten aus dem Neste,
wenn er nicht schläft, mit her.
4. Es leuchtet uns bei unserm Mahle
der Mond so silberrein
und guckt von oben in die Schale
und thut den Segen drein.
5. Nun, Kinder, esset! Esst mit Freuden,
und Gott gesegn’ es euch!
Sieh’ Mond, ich bin wohl zu beneiden,
bin arm und bin doch reich. Claudius.
48. Das Plätzchen vor der Thür.
Wer so glücklich ist und ein Häuschen sein eigen nennt, der mache sich ein
Plätzchen vor der Thür zurecht, wo er ausruhen kann; wo auch der Nachbar
nach gethaner Arbeit sich hinsetzt, wenn er zu euch kommt. Glaubt mir, es
spricht sich da wirklich vieltansendmal schöner als drin in der Stube. Die Mutter
muß aber sorgen, daß das Plätzchen immer schön rein ist, damit es auch einladet
zum Sitzen.