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1. Lesebuch für Volksschulen - S. 119

1894 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
119 Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind. „0 Zöllner, o Zöllner, entlleuch geschwind!“ 4. Es dröhnt’ und dröhnte dumpf heran, laut heulten Sturm und Wog' ums Haus. Der Zöllner sprang zum Dach hinan und blickt’ in den Tumult hinaus. — „Barmherziger Himmel, erbarme dich! Verloren! Ver- loren! Wer rettet mich?“ — 5. Die Schollen rollten, Stofs auf Stofs, an beiden Enden, hier und dort, zerborsten und zertrümmert schoss ein Pfeiler nach dem andern fort. Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. — „Barmherziger Himmel, erbarme dich!“ — 6. Hoch auf dem fernen Ufer stand ein Schwarm von Gaffern, gross und klein, und jeder schrie und rang die Hand, doch mochte niemand Retter sein. Der behende Zöllner mit Weib und Kind durchheulte nach Rettung den Strom und Wind. 7. Rasch galoppiert ein Graf hervor auf hohem Ross, ein edler Graf. Was hielt des Grafen Hand empor? Ein Beutel war es, voll und straff. — „Zweihundert Pistolen sind zugesagt dem, welcher die Rettung der Armen wagt!“ — 8. Und immer höher schwoll die Flut, und immer lauter schnob der Wind, und immer tiefer sank der Mut. — 0 Retter, Retter komm ge- schwind! — Stets Pfeiler auf Pfeiler zerborst und brach. Laut krachten und stürzten die Bogen nach. 9. „Hallo! Hallo! Frisch auf, gewagt!“ Hoch hielt der Graf den Preis empor. Ein jeder hört’s, doch jeder zagt — aus Tausenden tritt keiner vor. Vergebens durchheulte mit Weib und Kind der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind. — 10. Sieh, schlecht und recht, ein Bauersmann am Wanderstabe schritt daher, mit grobem Kittel angethan, an Wuchs und Antlitz hoch und hehr. Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort und schaute das nahe Ver- derben dort. 11. Und kühn in Gottes Namen sprang er in den nächsten Fischer- kahn; trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang kam der Erretter glücklich an. Doch wehe! der Nachen war zu klein, um Retter von allen zugleich zu sein. 12. Und dreimal zwang er seinen Kahn trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang, und dreimal kam er glücklich an, bis ihm die Rettung ganz gelang. Kaum waren die letzten im sichern Port, so rollte das letzte Getrümmer fort. 13. „Hier,“ rief der Graf, „mein wackrer Freund, hier ist dein Preis! Komm her! Nimm hin!“ Sag an, war das nicht brav gemeint? — Bei Gott! der Graf trug hohen Sinn. — Doch höher und himmlischer wahrlich schlug das Herz, das der Bauer im Kittel trug. 14. „Mein Leben ist für Gold nicht feil. Arm bin ich zwar, doch ess’ ich satt. Dem Zöllner werd’ Eu’r Gold zu teil, der Hab und Gut verloren hat!“ • So rief er mit herzlichem Biederton und wandte den Rücken und ging davon. — Bürger.
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