1894 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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vernichteten dasselbe fast vollständig. Da fuhr Karl zornig ans und ließ 4500
gefangene Sachsen zu Verden an der Aller hinrichten. Das erbitterte die Sachsen aber
noch mehr. Sie nannten Karl den „Schlächter". Ein furchtbarer Kampf begann.
Bei Detmold trafen die Heere zuerst aufeinander. Nur mit Mühe konnte Karl
widerstehen. Bald darauf aber wurde Wittekind an der Hase vollständig geschlagen.
6000 Sachsen bedeckten den Boden. Da erkannte Wittckind die Ohnmacht seiner
Götter. Er ging zu Karl, unterwarf sich und ließ sich taufen. Seinem Beispiele
folgten noch viele sächsische Große. Zwar empörten sich die Sachsen noch mehrere-
male, aber ihr Widerstand erlahmte bald ohne Wittekind, und endlich kam der
Friede zustande. Der Krieg hatte 31 Jahre gedauert.
c. Wie Karl Kaiser wird.
1. Nach und nach dehnte Karl seine Macht über das ganze heutige Frank-
reich, über Deutschland bis zur Elbe, Holland, die Schweiz, einen Teil von Italien,
Spanien und Ungarn aus. Allen diesen Völkern gab er Gesetze und sorgte für
ihr Wohl und Wehe. Darum nannten ihn seine Zeitgenossen auch den „Großen".
Er aber blieb stets demütig in seinem Herzen und sagte: „Gott allein ist groß,
ihm allein gebührt die Ehre."
2. Den höchsten Gipfel seiner Macht erstieg Karl im Jahre 800. Bei einer
Prozession war nämlich der Papst in Rom von seinen Gegnern überfallen, vom
Pferde gerissen und an den Augen verwundet worden. Man setzte ihn sogar ge-
fangen; doch entkam er, und nun ging er nach Paderborn und bat den König Karl
um Schutz. Dieser brach nach Italien auf, hielt in Rom Gericht über die Übel-
thäter und setzte den Papst wieder in sein Amt ein. Dafür wollte der Papst dem
König dankbar sein. Als daher Karl zum Weihnachtsfeste des Jahres 800 in
Rom war und vor dem Altar der Peterskirche kniete, setzte ihm der Papst die
römische Kaiserkrone auf und salbte ihn zum weltlichen Oberherrn der gesamten
Christenheit. Von jetzt ab galt er für den höchsten Herrscher der Welt, und sein
Ruhm drang in alle Länder.
ei. Verwaltung des Landes. Tod Karls d. Gr.
1. Karl war nicht nur ein gewaltiger Kriegsheld, sondern auch ein ganz
vorzüglicher Verwalter und Gesetzgeber seines Landes. Die alten Stammesherzog-
tümer, die Herde der Wiederspenstigkeit, löste er ans und teilte das Land in Gaue
ein. Über diese setzte er Grafen, welche dreimal im Jahre Gaugericht abhielten.
Zur Überwachung der Grafen, Bischöfe, Klosterschulen, Domänen rc. sandte er
alljährlich die „Königsboten" (Sendgrafen) durchs Land. Je ein Geistlicher und
ein Weltlicher bereisten jedesmal einen größeren Bezirk. In jedem Frühjahre
wurde eine Volksversammlung aller Freien abgehalten, das Maifeld. Die Beschlüsse
dieser Volksversammlung untersiegelte Karl, sobald er sie bestätigt hatte, mit seinem
Degenknopf. „Hier ist mein Befehl und hier das Schwert", Pflegte er den Wider-
spenstigen zu sagen. Zur Förderung des Ackerbaues errichtete er ans seinen Kron-
gütern Musterwirtschaften. Hier kümmerte er sich um jede Kleinigkeit und prüfte
selbst die Rechnungen seiner Gutsherren. — Eigenes Geld besaß Deutschland vor
Karl noch nicht; was davon vorhanden war, war römischen oder gallischen Ur-
sprungs. Erst Karl d. Gr. errichtete Münzstätten iuti> ließ die ersten deutschen
Silberpfennige prägen. Auch ein öffentliches Maß führte er ein, das überall beim
Verkaufen angewendet werden sollte. — Steuern waren zu Karls Zeiten noch
unbekannt, wohl aber wurden die jährlichen Maigeschenke bereits als Schuldigkeit
angesehen.