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1. Lesebuch für Volksschulen - S. 173

1894 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
— 173 — vor seinem Blicke. Er aber holte sie ein und rief: „Wärmn lauft ihr fort?" Sie stotterten: „Wir fürchteten uns vor Eurer Majestät!" Da gab er ihnen den Stock zu kosten mit den Worten: „Ihr sollt mich nicht fürchten, sondern lieben!" Die Königsgewalt wollte er wie einen Felsen von Erz aufrichten. Daher auch sein Wahlspruch: „Er (der preußische Adler) weicht der Sonne nicht." Von früh bis spät war er unermüdlich thätig. Um alles bekümmerte er sich selbst; aus alles hatte er acht; nach allem sah und fragte er. Alle Beamten zitterten vor ihm. Einst hörte der König, daß der Thorschreiber von Potsdam die Bauern mit ihren Marktwaren oft stundenlang am Thore warten ließe. Da erschien er selbst eines Morgens und prügelte den Schläfer eigenhändig ans dem Bette mit dem Gruße: „Guten Morgen, Herr Thorschreiber!" Besonders fürchteten ihn faule Arbeiter, die bei den Bauarbeiten oder auf dem Felde beschäftigt waren; denn unversehens war der König mit seinem Knotenstocke neben ihnen und frischte ihren Eifer auf. Wer ihn kommen sah, der lies davon oder arbeitete mit verdoppeltem Eifer. 3. Seine Erholung suchte der König im Tabakskollegium. Das war eine Abendgesellschaft, in der sich die Vertrauten des Königs bei Bier und Tabak zu- sammenfanden. Auf einem Tische lagen holländische Thonpfeifen; in geflochtenen Körbchen stand holländischer Tabak, und in kleinen Pfannen glimmte Torf zum An- zünden der Pfeifen. Auf einem Seitentischchen stand ein kräftiger Imbiß und auch vor jedem ein tüchtiger Bierkrug. Der König liebte die größte Offenheit und nahm es nicht übel, wenn er selbst geneckt wurde. Hier ließ er sich vieles sagen, was er draußen sehr übel genommen'hätte. Besonders laut, lebhaft und derb war ver- alte Dessauer. Doch nicht nur Witz und Scherz trieb man im Tabakskollegium, sondern es wurden auch Zeitungen vorgelesen und wichtige Angelegenheiten be- sprochen. b. Fürsorge fürs Heer. Das Heerwesen lag dem König an: meisten am Herzen. Seine Soldaten nannte er seine „lieben blauen Kinder". Von früh bis spät arbeitete er für die- selben. In einem guten Heere lag nach seiner Überzeugung die einzige Sicherheit und Stärke des kleinen preußischen Staates. Während seiner Regierung vermehrte er das Heer von 30000 bis auf 83000 Mann. Über alles liebte der König lange Soldaten. Sein Leibregiment in Potsdam bestand ans lauter solchen Riesen. Der sonst so sparsame Monarch opferte ttn- summen für die „langen Kerle". Durch Geld, gute Worte, List und Gewalt wurden sie aus allen Ländern zusammengeholt. Für einen besonders langen Rekruten zahlte er einmal 5000 Thaler, für einen andern sogar über 7000 Thaler. Ein langer Mönch ivard aus Rom mit viel Gefahr und großen Kosten entführt. Ein andrer Riese, der sich in Paris für Geld sehen ließ, konnte erst als dritter Mann ein- gestellt werden. Übrigens hatten es die langen Kerle, wenn sie erst im blauen Rocke steckten, nicht schlecht. Sie waren die Günstlinge des Königs, und nicht selten erhielten sie zu ihrem Monatssold von vier Thalern noch eine Zulage von fünf bis zwanzig Thalern. Auch sorgte er in allen Stücken für ihr leibliches Wohlergehen. Alle im Kriegsdienst alt oder unbrauchbar gewordene Soldaten fanden bei ihm Unter- stützung und wurden als Gerichtsboten, Thorschreiber u. s. w. angestellt. Für die Kinder verstorbener Offiziere und Soldaten stiftete er das große Potsdamer Waisenhaus. Die Kriegszucht war furchtbar streng. Rauh und hart behandelte der Offizier den Gemeinen. Wer widersprach, mußte dreißigmal Spießruten laufen. Thätlicher
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