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1. Lesebuch für Volksschulen - S. 186

1894 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
186 mit seinen beiden ältesten Söhnen ein. Es war die letzte Freude für die Sterbende. Der König war wie zermalt van Schmerz. Wenige Stunden darauf trat wieder ein heftiger Krampfanfall ein; es war gegen neun Uhr, als die Königin sanft das Haupt zurückbog, die Augen schloß und ausrief: „Herr Jesu, mach' es kurz." Nach einmal atmete sie aus; mit diesem stillen Seufzer endete ihr Leben. Der König drückte seiner Luise die Augen zu — seines Lebens Sterne, die ihm auf seiner dunklen Bahn sv treu geleuchtet. Prinz Wilhelm, der nachmalige Kaiser Wilhelm I., küßte die bleichen Lippen seiner Mutter und ging dann weinend in den Garten. Hier pflückte er Eichen- blätter und Rasen und wand einen Kranz daraus. Diesen legte er auf das Sterbe- bett seiner Mutter. Der Kranz ist nachher unter Glas und Rahmen gebracht und hängt noch heute an der Wand des Sterbezimmers im Schlosse Hohen-Zieritz. Der tiefste Schmerz eines ganzen Volkes begleitete den Leichenzug nach Berlin und nach Charlottenburg, wo ihr der edle Gemahl in dem berühmten Mausoleum eine Ruhestätte bereitet hat, wie sie ihrer und seiner würdig ist. Nach dem Tagebuch der Gräfin v. Botz, Eylert u. a. e. Preußens Erneuerung. 1. Das Unglück von Jena und Tilsit ist für Preußen ein großer Segen, ja, der Anfang einer völligen Erneuerung des Staates geworden. Gerade in jener Zeit der Not unternahm es König Friedrich Wilhelm Iii. im festen Vertrauen ans Gott, die Keime einer besseren Zukunft zu pflanzen und zu pflegen. Er hatte dabei vornehmlich zwei Männer als Helfer, den Minister Freiherrn von: Stein und den General Scharnhorst. 2. Zn allererst kam cs darauf an, die Kriegssteuer an Frankreich zu zahlen. Daher galt es vor allem zu sparen. Der König ging selbst voran; er entließ viele seiner Diener und aß nicht besser als ein einfacher Bürger. Das goldene Tafelgeschirr schickte er in die Münze und ließ Geld daraus prägen. So gelang es, noch im Jahre 1808 die Kriegssteuer abzutragen. 3. Aber mehr noch mußte man für die Zukunft sorgen. Es mußte in alle Stände ein ganz neues Leben gebracht werden. Kein Stand hatte dies so nötig als der Bauernstand. Fast alle Bauern in den Ländern östlich von der Elbe waren damals noch unfrei. Sie waren zwar nicht leibeigen, aber sie waren dem Gutsherrn erb unter thänig. Der Bauer war an sein Gut, an die Scholle, auf der er geboren war, gebunden. Seine Kinder durften nicht in fremde Dienste gehen, seine Töchter durften sich nicht verheiraten, wenn es der Gutsherr nicht erlaubte. Der Acker, den der Bauer bearbeitete, gehörte ihm nicht als freies Eigen- tum, sondern er hatte nur den Nießbrauch. Der eigentliche Besitzer war der Guts- herr, und der Bauer mußte demselben für den Nießbrauch seines Ackers schwere Frondienste leisten und Abgaben an Korn und Geld geben. Da beschloß der König, den Bauernstand in Preußen zu einem freien zu machen. Vom 1. Juni 1808 ab sollte auf sämtlichen königlichen Doinünen keine Erbunterthänigkeit mehr statt finden. Allein in der Provinz Preußen wurden dadurch 47 000 Bauern frei. — Vom Martiiütage 1810 ab hörte auch auf allen adeligen Gütern alle und jede Gutsunterthänigkeit ans. 4. Ebenso erhielten die Städte 1808 eine ganz neue Verfassung, die Städte- ordnung. Bis dahin hatten sie in obrigkeitliche Ämter nur ausgediente Militärs wählen dürfen, die den Bürgern fremd waren und nicht wußten, was der Stadt not that. Jetzt durften die Bürger ihren Bürgermeister, ihren Magistrat und die Stadtverordneten nach ihrem Wunsche und aus ihrer eigenen Mitte wählen. Diese
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