1894 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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so haben wir sie zusammengesprengt,
Kürassiere wir und Ulanen.
3. Doch ein Blutritt war es, ein Todesritt;
wohl wichen sie unsern Hieben,
doch von zwei Regimentern, was ritt und was stritt,
unser zweiter Mann ist geblieben.
4. Die Brust durchschossen, die Stirn zerklafft,
so lagen sie bleich auf dem Rasen,
in der Kraft, in der Jugend dahingerafft,
nun, Trompeter, zum Sammeln geblasen!
5. Und er nahm die Trompet’, und er hauchte hinein;
da — die mutig mit schmetterndem Grimme
uns geführt in den herrlichen Kampf hinein,
der Trompete versagte die Stimme!
6. Nur ein klanglos Wimmern, ein Schrei voll Schmerz
entquoll dem metallenen Munde;
eine Kugel hatte durchlöchert ihr Erz,
um die Toten klagte die wunde!
7. Um die Tapfern, die Treuen, die Wacht am Rhein,
um die Brüder, die heut’ gefallen,
um sie alle, es ging uns durch Mark und Bein,
erhub sie gebrochenes Lallen.
8. Und nun kam die Nacht, und wir ritten hindann;
rundum die Wachtfeuer lohten;
die Rosse schnoben, der Regen rann,
und wir dachten der Toten, der Toten! Freiiigrath.
Nun stellte Bazaine sein Heer zwischen Metz und Gravelotte auf, um
nach Nordwesten zu entkommen. Bei Gravelotte kam es zu einer mörderischen
Schlacht. Um zwölf Uhr wurde sie durch Geschützfener eröffnet. Der Feind er-
widerte dasselbe aus zahlreichen Batterien. Der Donner der Geschütze wurde über-
tönt durch das seltsame Geräusch der Kugelspritzen. Lange und schwer wogte der
Kampf. Gegen Abend nahmen die Sachsen und das Gardecorps das Dorf St.
Privat mit Sturm. Bei Gravelotte aber sah es noch recht bedenklich aus.
Doch endlich erschienen die erwarteten Pommern auf dem Schlachtfelde und stürmten,
von Moltke selbst in Schlachtreihe geführt, auf die Höhe von Gravelotte los. Der
König leitete die Schlacht von einer Anhöhe ans. An einer Gartenmauer von
Rezonville hatte man einen Sitz für ihn hergerichtet, indem man eine Leiter von
einem Bauernwageu mit dem einen Ende auf eine Decimalwage, mit dein andern
ans einen verendeten französischen Grauschimmel gelegt hatte. Ganz in der Nähe
warf eine in Flammen stehende Wollspinnerei ihr unheimliches Licht ans seine nächste
Umgebung. Tiefes Schweigen herrschte, während jeder mit dem König fühlte, das;
das auf dem Höhepunkte tobende Schlachtgetümmel die Entscheidung bringen mußte.
Da sprengt Moltke im gestreckten Laufe seines Pferdes heran mit den Worten:
„Majestät, wir haben gesiegt, der Feind ist ans allen Stellungen geworfen!" Ein
kräftiges Hurra der Umstehenden war die Antwort. Jetzt gedachte man auch der
Erquickung. Ein Marketender, der mit seinem Wagen in der Nähe hielt, mußte