1894 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Wochen. Wenn sie uns am 1. September verläßt, so ist sie am 9. Oktober in
Afrika. Dabei ruht sie des Nachts im Schilfrohr der Sümpfe und Teiche; und
wenn sie übers Meer fließt, setzt sie sich auf die Mastbäume und Segelslangen der
Schiffe. Schlimmer als den Schwalben geht es den Wachteln, welche zwar recht
hurtig laufen, aber nicht gut fliegen können. Sic ruhen oft aus; und wenn sie
ans Meer kommen, so sind sie vom langen Fluge so müde, daß man sie mit den
Händen fangen kann. Tausende schlägt man tot und salzt sie ein. Ganze Flüge
fallen ermüdet ans die Schiffe. Andere Schwärme wirft der Sturm ins Meer,
daß sie ertrinken müssen. Und doch will keine einzige Wachtel bei uns bleiben;
alle wollen sie nach Afrika ziehen und dort den Winter zubringen. Dann ziehen
alle diese Vögel, ehe bei uns der Frühling angeht, wieder ans Afrika fort und
reisen in die Gegend, wo sie geboren und erzogen worden sind; und jede Schwalbe
findet das Dorf, das Haus, ja, das Nest wieder, tvorin sie im vorigen Jahre ge-
brütet hat.
Und nun sage mir, wer ist ihr Wegweiser nach Afrika? Wer sagt ihnen,
wann sie wieder fortziehen sollen in ihre Heimat? Wer zeigt ihnen den sichern
Weg zu ihrem alten Neste? Du weißt es, wer der ist, der keines seiner Geschöpfe
vergißt, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt. Siehe, er zeigt ihnen
den Weg nach Afrika und bringt sie wieder in ihre Heimat; er bestimmt ihnen die
Zeit ihrer Reise. Wenn du die Störche, die Schwalben, die Stare, die Wachteln
kommen siehst, dann denk an ihn. Jubih
Viii. Der Wald im Herbste.
Der Laubwald vertauscht sein maigrünes Frühlingskleid nach und nach
mit einem rotgelben Herbstmantel. Die feinen Wurzelfasern sterben näm-
lich ab und saugen keine Nahrung mehr auf. Die Blattgrünkörner werden
zersetzt, und es bleiben nur gelbe Körnchen zurück. Auch füllen sich
einige Zellen mit rötlichem Safte. Die Blätter nehmen daher eine gelbliche
oder rötliche Farbe an. Das Stärkemehl und andere wertvolle Nahrungs-
Stoffe aber wandern von den Blättern aus durch die Zweige in Stamm und
Wurzeln. Dort haben sie einen vor Frost gesicherten Blatz im Winter.
Am Grunde des Blattstiels bildet sich eine Trennungsschicht, deren Zellen
sich durch Spaltung der gemeinsamen Wand voneinander ablösen. Die
Blätter fallen dann ab. Der Saft der Bäume verschwindet nach und nach
und verwandelt sich ebenfalls in Stärkemehl. Das Stärkemehl setzt sich
besonders in Wurzeln, Stämmen, Samen und Knospen (bei andern Pflanzen
auch in Knollen und Zwiebeln) an. Fs ist vorrätigtr Bildungsstoff für
den kommenden Frühling und darum dort am häufigsten angesammelt, wo
es im Frühling am ehesten in Thätigkeit treten muss: in den Blattwinkeln
-— unter der jungen Knospe. Im Frühlinge beginnt die Wurzel wieder
ihre Thätigkeit. Der Saft fängt an zu steigen und verwandelt das Stärke-
mehl wieder in Flüssigkeit. Dieser Nährstoff wandert dann durch die
ganze Pflanze, bildet neue Saugwurzeln, macht die Knospen schwellen und
bringt Blätter und Blüten zum Vorschein. — Haselstrauch, Birke und