1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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bcn Hecken umher fangen und nisteten allerlei muntere Vögelein. Da
fingen einige Löse Buben an, die Nester der Vögel auszunehmen. Die
Vögel zogen daher aus dem Orte nach und nach ganz hinweg. Man
hörte an den schönen Frühlingsmorgen kein Vöglein mehr singen, und
in den Gärten war es ganz still und traurig. Die schädlichen Baum-
raupen, die sonst von den Vögeln weggefangen wurden, nahmen über-
hand und fraßen Blätter und Blüthen ab. Die Bäume standen kahl da,
wie mitten im Winter, und die bösen Buben, die sonst köstliches Obst
im Überfluß hatten, bekamen nicht einmal mehr ein Äpfelchen zu sehen.
3 Die Sperlinge unter dem Hute.
Ein ziemlich großer Bauernjunge, Namens Michel, hatte Spatzen
gefangen; und weil er nicht wußte, wohin damit, so that er sie in
seinen Hut und stülpte diesen so auf den Kopf. Man kann denken,
was das für ein Getümmel auf dem Kopse war. Nun begegnete ihm
ein Fremder, der grüßte ihn freundlich und sprach ihn an: „Guter
Freund, wo geht der Weg hinaus?" Weil aber der Michel die
Spatzen auf dem Kopfe hatte, so dachte er: Was geht dich der Fremde
an! ließ den Hut sitzen und gab gar keine Antwort. Der Fremde
sagte zu sich selbst: Hier müssen grobe Leute wohnen, und ließ den
Michel weiter gehen. Jetzt begegnete diesem der Amtmann, den pfleg-
ten alle Leute zu grüßen; der Michel that es aber nicht, einmal, weil
er die Spatzen unter dem Hute hatte, und zweitens, weil er ein
Grobian von Haus aus war. Der Amtmann aber sagte zu dem
Gerichtsdiener mit dem rothen Kragen, welcher hinter ihm herging:
„Sieh doch einmal, ob dem Burschen dort der Hut angeleimt ist?"
Der Gerichtsdiener ging hin und sprach: „Hör' einmal, Michel, der
Herr Amtmann möchte einmal sehen, wie dein Hut inwendig aussieht.
Flugs zieh ihn ab!" Der Michel aber zögerte immer noch und wußte
nicht, wie er es machen sollte. Da riß ihm der Gerichtsdiener den
Hut herunter, und — brr — flogen die Spatzen heraus nach allen
Ecken und Enden. Da mußte der Amtmann lachen und alle Leute
lachten mit. Der Michel aber hieß von der Stunde an Spatzenmichel,
und wenn einer seinen Hut oder seine Kappe vor Fremden nicht ab-
zieht, so sagt man noch heutigen Tages: „Der hat gewiß Spatzen
unter dem Hute." — Höslichsein kostet nichts und macht beliebt.
6. Einladung.
Lieber Freund Jakob!
Am nächsten Sonntag ist unsere Kirmes. Du weißt, daß dann
bei uns großer Jahrmarkt ist. Meine Eltern haben mir erlaubt, Dich
auf die Kirmes zu mir einzuladen. Frage Du nun Deine Eltern um
Erlaubniß, uns zu besuchen! Auf unserm Marktplatze ist es heute
schon sehr voll. Alt und Jung drängt sich da um die vielen Buden,
welche man baut. Eine ist schon fertig, und vor ihr hangt ein großes
leinenes Tuch, auf welchem viele fremde Thiere: Affen, Vögel