1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Brbarmen; nur der Bischof blieb unerreicht und spottete vielmehr, indem ei
sagte: ,,Hört, wie die Mäuslein pfeifen l“ Da kam das Strafgericht des
Himmels über Hatto. Ungeheure Schwärme von Mäusen erschienen in seinem
Schlosse, und zuletzt wusste Niemand, sich ihrer zu erwehren. Je mehr man
ihrer tödtete, desto grösser wurde ihre Anzahl. Da entfloh Hatto nach
Bingen und liess hier einen Thurm mitten in den Rhein bauen und rettete
sich auf einem Nachen in den Thurm. Doch die Mäuse verfolgten ihn auch
hierher; sie schwammen über das Wasser, kletterten in den Thurm und
krassen ihn selbst bei lebendigem Leibe auf. (Spr. Sah 26, 27.)
12. Seid Thäter des Worts!
Ein Hausvater las eines Sonntags in der Bibel, und da er an
die Worte des Heilandes kam: „Wer ein solches Kind aufnimmt
in meinem Namen, der nimmt mich auf", — siehe.- da stand
auch ein armer, achtjähriger Knabe, der weder Vater noch Mutter
mehr hatte und sein Brod vor fremden Thüren suchen mußte, gerade
in derselben Minute vor seiner Thüre und bat um ein Almosen. Der
Mann hielt sogleich inne mit Lesen, sah seine Frau an und rief ihr
zu: „Frau, hörst du?" Damit wollte er sagen: Laß uns nicht nur
Gottes Wort hören oder lesen, sondern auch thun! Die Frau verstand
ihn sogleich und gab zur Antwort: „Ja, lieber Mann, ich bin völlig
deiner Meinung; wir wollen thun, was geschrieben steht." Alsbald rie-
fen sie den Knaben in's Haus herein und nahmen ihn auf mit Freuden,
hielten ihn wie ihr eignes Kind und führten ihn zu allem Guten an.
13. Die dankbare Waise.
Eine Wittwe, die keine Kinder hatte, nahm eine arme Waise als ihr
Kind zu sich. Sie hielt das Kind frühzeitig zur Arbeit und Sparsamkeit
an und lehrte es, sein Brod selbst verdienen zu können. Auch sagte sie dem
Kinde oft, daß sein Vater und seine Mutter beim lieben Gott im Himmel
wären, und daß es recht fromm werden möge, damit es auch dahin käme.
Diese brave Frau wurde in ihrem hohen Alter auf einmal ganz arm.
„Liebe Sophie," sprach sie daher eines Tages zu dem Mädchen, „du
kannst nun nicht mehr bei mir bleiben; suche dir eine Herrschaft, und sei
immer sietßig, rechtschaffen und gut, so wird es dir überall wohl gehen!"
— Nein! antwortete schluchzend das gute Mädchen, ich verlasse Sie
nicht, so lange Sie leben; ich werde mit meinen beiden Händen schon
so viel verdienen können, als wir brauchen; der liebe Gott wird uns
helfen. — Das dankbare Mädchen hielt Wort und ernährte mit ihrer
Hände Arbeit die alte Frau, bis diese in ihren Armen starb. (Ruthin?.)
Lieb' und Dankbarkeit gefällt,
Undank haßt die ganze Welt.
14. Kindesdank.
Ein Fürst traf auf einem Spazierritte einen fleissigen und frohen Land
mann bei dem Ackergeschäfte an und liess sich mit ihm in ein Gespräch ein.
Nach einigen Fragen erfuhr er, dass der Acker nicht sein Eigenthum sei,
sondern dass er als Tagelöhner um fünfzehn Kreuzer arbeite. Der Fürst, der
für sein schweres Regierungsgeschäft freilich mehr Geld brauchte und zu ver-