1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
las
Das Bäumlein lacht und
daß ich mich nicht zu schä-
Da jchlief das Bäumlein wieder ein, und früh ist's wieder auf-
gewacht; da hatt' es gläserne Blätter fein, das war eine Pracht! Das
Bäumlein spricht: Nun Lin ich froh; kein Baum im Walde glitzert so.
Da kam ein großer Wirbelwind mit einem argen Wetter,
der fährt durch alle Bäume geschwind und kommt an die gläsernen
Blätter; da lagen die Blätter von Glase zerbrochen in dem Grase.
Das Bäumlein spricht mit Trauern: Mein Glas liegt in dem
Staub, die andern Bäume dauern mit ihrem grünen Laub; wenn
ich mir noch was wünschen soll, wünsch' ich mir grüne Blätter wohl.
Da schlief das Bäumlein wieder ein, und wieder früh ist's auf-
gewacht; da hatt' es grüne Blätter fein,
spricht: Nun hab' ich doch Blätter auch,
men brauch'.
Da kommt mit vollem Euter die alte Geiß gesprungen; sie sucht
sich Gras und Kräuter für ihre Jungen; sie sieht das Laub und fragt
nicht viel, sie frißt es ab mit Stumpf und Stiel.
Da war das Bäumlein wieder leer, es sprach nun zu sich sel-
der: Ich begehre nun keiner Blätter mehr, weder grüner, noch rother,
noch gelber; hätt' ich nur meine Nadeln, ich wollte sie nicht tadeln.
Und traurig schlief das Bäumlein ein, und traurig ist es aufge-
wacht; da besieht es sich im Sonnenschein und lacht und lacht. Alle
Bäume lachen's aus; das Bäumlein macht sich aber nichts d'raus.
Warum hat's Bäumlein denn gelacht, und warum denn seine
Kameraden? Es hat bekommen in einer Nacht wieder alle seine
Nadeln, daß Jedermann es sehen kann: geh 'naus, sieh's selbst, doch
nicht an! Warum denn nicht?
Weil's sticht.
3. Das Kind und die Tanne.
O Tannenbaum, o Tannenbaum, was bist du schlank und hoch!
Man sieht den Lunten Vogel kaum, der auf den Wipfel flog; vom
Wipfel bis zur Wolke Saum scheint mir nur eine Spanne Raum.
O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün ist dir das Haar!
So grün ist Gras und Laubfrosch kaum; auch bleibt das ganze Jahr,
wie arg es stürmt und friert und schneit, unwandelbar dein Schmuck
und Kleid.
D Tanne mein, o Tanne mein, wie ist dein Kopf so kraus!
Voll Locken hängt es hübsch und fein, bis ganz nach oben aus,
und weht einmal der Wind hinein, was muß das für ein Rauschen sein!
O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie spitz ist dir das Blatt! Voll
Nadeln hängt der weite Raum, geschliffen, scharf und glatt. Doch
weiß ich schon, es hat nicht Noth, du stichst nicht kleine Kinder todt.
O Tanne mein, o Tanne mein, was hängt dir da so rund? Das
muß ein hübsches Spielwerk sein., so glatt, so grün, so bunt! O lie-
der Baum, ich bitte sehr, wirf mir ein Dutzend Zapfen her!