1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
113
Aiso denkend geht er fort
Und gelanget an den Ort
Einer Eiche, lagert sich
Längelang in ihren Schatten
Und schläft ein. . . .
Die Winde hatten
Manche Woche nicht geweht;
Aber, als er schläft, entsteht
In der Eiche hohem Wipfel
Ein Gelispel. Starke Weste
Schütteln ihre vollen Aeste,
Und es stürzt von dem Bewegen
Prasselnd ein geschwinder Legen
Reifer Eicheln von dem Gipfel.
Viele liegen auf dem Grase,
Aber eine fällt gerade
Dem Kunstrichter auf die Nase
Plötzlich springt er auf und sieht,
Dass sie blutet. Dieser Schade
Geht noch an, denkt er und flieht
Und bereuet auf der Flucht
Den Gedanken, welcher wollte,
Dass der Eichbaum eine Frucht
Gleich dem Kürbis tragen sollte.
Traf ein Kürbis mein Gesicht,
Sprach er, nein, so lebt' ich nicht.
0, wie dumm hab’ ich gedacht!
Gott hat Alles wohl gemacht!
16. Der Wrederhall.
Der kleine Georg wußte noch nichts von dem Wiederhatte. Einmal
schrie er auf der Wiese: Ho, hopp! Sogleich rief's im nahen Wäldchen
auch: Ho, hopp! Er rief hierauf verwundert: Wer List du? und die
Stimme rief auch: Wer List du? Er schrie: Du List ein dummer
Junge! und — dummer Junge! hallte es aus dem Walde zurück.
Georg ward ärgerlicher und rief immer ärgere Schimpfnamen in den
Wald hinein. Alle hallten getreulich wieder zurück. Er suchte hieraus
den vermeinten Knalen im ganzen Wäldchen, um sich an ihm zu
rächen, konnte aler Niemanden finden. Hierauf lief er nach Hause
und klagte es der Mutter, wie ein Löser Bule sich im Walde ver-
steckt und ihn geschimpft habe. Die Mutter sprach: Diesmal hast du
dich selbst angeklagt. Du hast nichts vernommen, als den Wied er-
hall deiner eigenen Worte. Hättest du ein freundliches Wort in den
Wald gerufen, so wäre dir auch ein freundliches Wort zurückgekommen.
So geht es auch im Leben. Das Betragen Anderer gegen un£
ist meistens nur der Wiederhall des uns'rigen gegen sie. Begegnen
wir den Leuten freundlich, so begegnen sie uns auch freundlich. Sind
wir aber gegen sie unfreundlich, rauh und grob, so dürfen wir auch
von ihnen nichts Besseres erwarten.
Weißt du nun, was dir das Sprüchwort sagen will:
Wie du hinein rufst in den Wald,
Die Stimme dir entgegen hallt? —
17. Waldmännchen.
Es wollt’ ein Knäblein in den Wald gar munter und geschwind; die Mut-
ter sprach: Komm wieder bald, und nasche nicht Beeren, mein Kind! Da
sprang das Knäblein fort und fort, und trieb sein lust’ges Spiel, gedachte
nicht der Mutter Wort und naschte der Beeren gar viel. Und als die
dunkle Nacht begann, da schlich es müd’ nach Haus. Die Mutter sprach :
Was hast du gethan? Du siehst Ja so kümmerlich aus! Das Knäblein
sagt: Wie sollt’ es sein? Ich bin Ja so frisch und gesund; Waldmännchen
hat Kirschen ohne Stein, die schmeckten so süss mir im Mund. Da ward vor
Schreck die Mutter bleich, und wandte hinweg ihr Gesicht; doch barg sie
die Furcht und lächelte gleich: Waldmännchen, Kind, gibt es Ja nicht!
Nicht schlief die Mutter die ganze Nacht, wach hielt sie Kummer und Harm;
und als am Morgen der Tag erwacht’, hielt todt sie den Knaben Im Arm.
§aeil«rä’ V-s-buch für Mitteln, evang-l. D-Ussch. g