1904 -
Hildburghausen
: Gadow
- Autor: ,
- Hrsg.: Weidemann, D.
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
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die französischen Kolonien zu verflanzen. Er segelte damit nach West-
indien und teilte, als auf dem Schiffe Wassermangel entstand, seine geringe
Portion mit seinem Zöglinge, dem kleinen Kaffeebaume. Er brachte ihn
glücklich nach der Insel Martinique, und schon im Jahre 1756 konnten
von dieser Insel achtzehn Millionen Pfund Kaffee ausgeführt werden.
Jetzt ist er ans den westindischen Inseln ganz einheimisch.
Die Höhe des Kaffeebaumes beträgt etwa 6 m. Seine Rinde ist
weißlich, die Zweige stehen einander gegenüber und laufen pyramiden-
förmig empor. Das Blatt von 11 cm Größe gleicht dem Zitronenblatt,
und die weiße Blüte, die dicht am Grunde des Blattes hervorbricht, ver-
breitet einen balsamischen Duft. Aus dieser entsteht nun die grüne Beere,
die bald darauf rot und endlich bei ihrer Reife bräunlich wird. Sie
enthält innerhalb ihres kirschenähnlichen Fleisches zwei aneinander liegende
Kerne, die Kaffeebohnen, welche noch ein eigenes pergamentartiges Häutchen
einschließt.
Da der Baum zu jeder Jahreszeit Blüten und Früchte hat, so
gibt es oft dreierlei Ernten, wovon jedoch die im Frühlinge die reichste
ist. Man schüttelt dann wie bei uns die reifen Früchte von den Bäumen
herab, sängt sie in bereitgehaltenen Tüchern aus und setzt sie dann aus
Matten in die Sonne, bis sie völlig getrocknet sind. Die Bohnen von den
Schalen zu sondern, bedienen sich die Araber einer Art von Handmühlen
mit gefurchten Mühlsteinen, mittelst welcher ein einziger Arbeiter täglich
90 Pfund Bohnen aushülsen kann. Die abgehülsten, trocknen Schalen
werden dort gleichfalls gekocht, und dies soll den Sultankaffee geben. —
Man treibt einen beträchtlichen Handel mit dem Kaffee, und es gibt
Sorten von dem verschiedensten Werte. Der in Arabien gewonnene gilt
für den vorzüglichsten, da die Behandlung, welche ihm dort zu teil wird,
die günstigste für den Wohlgeschmack ist; in Westindien soll man weniger
umständlich und sorgfältig mit demselben verfahren. Agnes Franz.
89. Das Zuckerrohr.
Ein großer Teil des Zuckers, der in den Handel kommt, wird aus
Zuckerrohr gewonnen. Es ist dieses ein Schilfgras, welches 2 - 4 Meter
hoch wird und in allen heißen Ländern, wie in Ostinden, Westindien und
Süd-Amerika angebaut wird. Der Anbau des Zuckerrohrs wurde sonst
meist durch Negersklaven besorgt, welche von ihren Herren während der
Arbeit oft auf das grausamste mißhandelt wurden. Dieselben waren
entweder aus ihrem Vaterlande Afrika gegen ihren Willen fortgeschleppt
oder in der Sklaverei geboren und mußten vom Morgen bis zum Abend
in der glühendsten Sonnenhitze unter der Peitsche der Ausseher arbeiten.
Seit Aufhebung der Sklaverei ist dieses Verhältnis anders, aber hierdurch
auch der Anbau des Zuckerrohrs viel teurer geworden als früher. Das
Zuckerrohr reift gewöhnlich in einem Jahre, und die rohrartigen Stengel
sind dann wohl 5—6 cm dick. Nachdem es reif geworden, wird es mit
krummen Messern abgeschnitten und in die Zuckermühle gebracht. In dieser
befinden sich Eisenwalzen, welche sich mit großer Kraft gegen einander
bewegen. Zwischen ihnen wird das Zuckenwhr zerquetscht, so daß der