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1. Preußischer Kinderfreund - S. 81

1876 - Königsberg : Bon
81 Leid' und ertrage, dein Leid nicht klage, an Gott nicht verzage; Glück kommt alle Tage. Leiden ist heilig, wer's kennt. — In jedem Leidenskelche liegt auf dem Boden eine Perle — suche sie nur. Wer nie sein Brot mit Thränen aß, wer nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte. 137. Die Reue. Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obst- bäumchen gezogen. Zu seiner größten Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbarn, ein böser Bube, in den Garten und lockte das Söhnlein des Landmannes, also dass sie hingingen und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe denn sie völlig gereift waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: „Ach, warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben!" — Diese Worte gingen dem Söhnlein des Land- manns sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbarn und sprach: „Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir ver- übt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüth. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdienet habe". — Da antwortete jener: „Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du musst es ihm sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein". Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinauf zu sehen. Denn er dachte, wie sollte ich ihn fröhlich an- sehen können, den ich betrübt habe? Kann ich mich doch selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. Jetzo trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold dergleichen. Da hüpften die Kindlein herbei, und freueten sich sehr und aßen. Gotthold aber ver- barg sein Antlitz und weinte bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach: „Mein Kind, was weinest du?" — Und Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht werth, dass ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, dass ich vor dir ein Anderer scheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Quäler zu sein. Lass' mich nur hart büßen für mein Vergehen! denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt". — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz und sprach: „Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, dass dieses das erste und letzte Mal sei, dass du Etwas zu verhehlen hast. Dann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen". Krummacher. Prniß, Kinderfrcund. Neue Ausg. 6
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