1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
198
Außerdem hat jedes Haus noch seinen Eicheustand um sich her, so dasi die
Häuser wie im Grün vergraben sind. Das Vieh ist schwer und wohlgenährt.
Bettler giebt es fast gar nicht; selbst der kleinen Leute sind wenig. Das Land
ist vertheilt unter die großen Bauernhöfe, und so ein Hof nährt und pflegt
ein ganzes Geschlecht von alten und jungen Angehörigen. Wer nicht ein
sicheres Auskommen vor Augen hat, bleibt lieber auf dem väterlichen Hofe
bis an sein Lebensende. So ein alter Ohm bringt Segen ins Haus, wie
es heißt: man lässt ihm gern ein gutes, warmes Plätzchen am Heerde.
Münster, alter Bischofsitz und durch den Abschluß des westphälischen
Friedens bekannt, ist die Hauptstadt der Provinz und hat 28;ooo Einwohner.
Noch merken wir die Festung und Handelsstadt Minden; Paderborn,
Herfort, Soest, Dortmund und Arnsberg.
54. Die Salzgewinnung.
Die Erde liefert uns das Salz theils als Steinsalz, theils aufgelöst
als Quellsalz. Während das erste bergmännisch durch Schlägel und Eisen,
oder durch Sprengen mit Pulver gewonnen wird, muss das letztere erst aus
dem Wasser ausgeschieden werden. Dies geschieht durch's Kochen oder Sieden,
dem gewöhnlich erst das Gradiren oder Steigern des Salzgehaltes vorher-
geht, das mit Hülfe von Reisholz ausgeführt wird. Es werden nämlich
lange Wände von Schwarz- und Weißdornen zu 80 Fuß Höhe und 4 — 6
Fuß Breite gebaut, und auf diese glatt beschnittenen Wände wird nun die
Soole, so nennt man das Salzwasser, durch Pumpen gehoben. In einzelnen
Tropfen fällt dieselbe langsam wieder herab, indem jeder Tropfen von Dorn
zu Dorn springt. Behälter unter den Gradirwänden fangen die herab-
tropfende Soole auf. Gewöhnlich muss jeder Tropfen diesen domenvollen
Weg zwei bis dreimal machen. Aber reiner und werthvoller wird er nach
jedem Wege. Nicht nur die erdigen Theile hat er an den Gradirwänden
zurückgelassen, er ist auch salzhaltiger geworden, indem Sonne und Wind
einen Theil seines Wassergehalts ihm nahmen. Man leitet auch Wasser in
Steinsalzgruben und gewinnt dadurch eine kräftige Soole, die gleich gesiedet
werden kann. Die geläuterte Soole wird in den großen Pfannen des Siede-
hauses zum Kochen erhitzt. Während dabei das Wasser als Dampf davon
eilt, schlägt sich das Salz auf den Boden der Pfanne nieder, wird mit langen
Krücken an den Rand derselben gezogen, herausgenommen, in Körbe geschüttet,
damit das. Wasser abläuft, und dann in Trockenkammern getrocknet. Nur
eine Soole, welche sehr salzhaltig aus der Erde kommt, wird gleich versiedet.
Die Soole der Salzquellen in der Provinz Sachsen muss vor dem Sieden
erst gradirt werden. — Mit Staunen und Bewunderung betrachtet man das
östreichische Steinsalzbergwerk Wieliczka am Fuße der Karpathen. In dem
Jahre 1251 wurde es entdeckt, und seit dieser Zeit ist so viel Salz aus der
Erde an's Tageslicht gefördert, dass die Bergleute 300 Fuß tiefer hinab stei-
gen müsien, als der Spiegel des mittelländischen Meeres liegt. Der ganze
Riesenbau zerfällt in drei über einander liegende Abtheilungen, und jede der-
selben besteht wieder aus fünf Stockwerken, die durch Schachte und Stufen-
gänge mit einander verbunden sind. Das Wirrwarr der Kammern, Ge-
wölbe, Treppen, Schachte, Stollen ist so groß, dass es jetzt keinen Beamten
giebt, der sich darin zurecht finden könnte. Da unten arbeiten nicht nur
gegen 900 Menschen, sondern es werden auch Pferde verwandt. Diese Thiere