1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Saaten und Obsthainen bedeckte Thäler. In alten Zeiten war Samaria
das Gebiet des Stammes Ephraim und Halb-Manasse, hier herrschten
mit allen Gräueln des Götzendienstes die Könige von Israel durch zwei
Jahrhunderte, in welchen kräftige Ermannung mit jammervoller Schwachheit
des Abfalls stets wechselte bis zur endlichen Verbannung des Volkes nach
Assyrien (720). Darnach wohnte das Mischvolk der Samariter im Lande.
— Nablus, das alte Sichem oder Sichar, lagert sich in einem frucht-
baren, quellenreichen Thale unter Maulbeer-, Mandel-, Oel- und Feigen-
bäumen, hier weideten Jakobs Söhne ihre Heerden und verkauften ihren
Bruder Joseph an die Jsmaeliter, hier schlug Abraham im Lande
Kanaan zuerst seine Zelte auf und erwarb ein Eigenthum. Seine und seiner
Söhne Fügungen und Führungen des Hvrrn knüpfen sich an Sichem. Am
Jakobsbrunnen, der noch draußen vor der Stadt als ein mit üppigem
Kräuterwerk umsponnenes Gemäuer gezeigt wird, hat der Herr, müde, ge-
rastet und sein Gespräch mit der Samariterin gehalten. (Joh. 4.) Der Brunnen
ist 80 Fuß tief. In der Nähe erheben sich die Felsenberge Ebal und
Garizim unmittelbar aus dem Thale und stehen 2150 Fuß hoch einander
gegenüber. Von ihnen erklang zu Mosis Zeiten Fluch und Segen; auf dem
Garizim, ihrem heiligen Berge, brachten die Samariter ihre Opfer. Die
andern Orte Samariens lagen und liegen noch auf den Berghöhen. In
Siloh, 4 Stunden von Sichem, stand lange die Stiftshütte. — Nablus
hat 15,000 Einwohner und ist durch den Handel von Damaskus nach der
Seeküste lebhaft.
3) Judäa, die südlichste Landschaft Palästinas, das Gebiet des Stammes
Juda, Benjamin, Simion und Dan wird, im Osten an das todte
Meer grenzend, im Westen gegen das Mittelmeer abfallend, von nackten,
unbeholzten, welligen Höhen durchzogen. Es giebt fruchtbare Striche, aber
manche Gegenden, wie die des Thales zwischen Gaza und Jerusalem
werden an öder Wildheit nicht leicht übertroffen. Nördlich von Joppe dehnt
sich ein zwei Stunden breiter Küstensaum, die im alten Testament wegen
ihres Blumenschmuckes gerühmte Ebene Saron, aus. Im Februar prangt
diese Ebene mit einem Flor von Tulpen, Lilien, Narcissen, Hyacinthen und
andern Blumen, zwischen denen Rinder und Kameele weiden. Vom Mai
an ist die Pracht der Wiesen dahin, das Gras verdorrt, und in Kurzem
ist der ganze Boden ausgebrannt und die Flur zur dürren Wüste geworden,
bis der Frühregen im Oktober sie wieder erquickt. Im Osten jenseit des
todten Meeres liegt das moabitische Gebirge, auf dem der Oelberg lag.
Aber das Auge sucht hier vor Allem Jerusalem.
4) Jerusalem, die heilige Stadt, ist«oas Ziel, nach dessen erstem Erscheinen
sich Kreuzfahrer und Pilger drängen, das sie mit Gebet und frohem Zuruf be-
grüßen, die Stadt, auf die das zerstreute Volk Israel noch eben so mit
Stolz wie mit Schmerz und Sehnsucht blickt; die Stadt, die selbst der
Muselmann die Heilige nennt. — Da liegt sie und stellt sich dem suchenden
Auge als eine weiße Mauerreihe dar, über welche einige Kuppeln und Minarets
hervorragen; kahle Berge und Hügelketten rings umher. Da liegt sie, „die
Königin in dem Lande, die zur Wittwe gemacht ist, die der Herr voll Jammer
gemacht hat."—Schon zu Abrahams Zeiten lag hier Salem, d. i. Friede.
Die Jebusiter hatten hier eine Feste. David entriss sie ihnen, nannte sie
Jerusalem, d. i. Friedensstadt und machte sie zur Hauptstadt und zum