1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sahrteten fromme Pilger aller christlichen Länder einzeln und in Schaaren
unbehindert nach Palästina, um vornehmlich in Jerusalem und am
heiligen Grabe zu beten und die Vergebung ihrer Sünden zu erflehen.
Auch nach Verdrängung der christlichen Herrschaft durch die Araber störte
man sie in ihrer Andacht nicht. Als aber die Türken das heilige Grab in
ihre Gewalt bekamen, wurden die Christen gemisshandelt und die heiligen
Oerter beschimpft.
Da kam ein Pilger, Peter von Amiens, der Einsiedler genannt, von
Jerusalem zurück, er war hager wie der Tod, seine Augen leuchteten aus
tiefen Höhlen; er schilderte die Leiden der Christen und die Gräuel, die an
pilgernden Christen von den Sarazenen verübt wurden, mit grellen Farben.
Im Pilgerkleide, auf einem Esel reitend, durchzog er nun die Länder, das
Kreuz in der einen Hand und in der andern einen Brief des Patriarchen
von Jerusalem an alle Fürsten des Abendlandes. Mit feurigem Wort die
Gemüther entflammend, erklärte er, Christus sei ihm erschienen und habe zu
ihm geredet: „Wohlauf Petrus, richte aus, was du begannst, und ich werde
mit dir sein; die Stunde ist gekommen, dass mein Tempel gereinigt werde."
Wunderbar waren die Bewegung, die Gestalt, sein Gewand und seine Schio
derungen. Alt und Jung, Mann und Weib, Reich und Arm, Adel und
Knecht standen auf, in's gelobte Land zu ziehen. Besonders in Frankreick
war die Aufregung allgemein, und als Pabst Urban im Jahre 1095 zu
Clermont im südlichen Frankreich eine Kirchenversammlung abhielt, welcher
14 Erzbischöfe, 225 Bischöfe, 400 Aebte und Laien ohne Zahl beiwohnten,
da forderte er alles Volk auf, dass jeder sich selbst verläugne und sein Kreuz
auf sich nehme, um Christum zu gewinnen. Und alles Volk rief: „Gott
will es!" Ein rothes Kreuz auf der rechten Schulter wurde das Zeichen
der „Kreuzfahrer." Die Rüstungen der Fürsten dauerten den Aufge-
regten zu lange. Da brach schon im Frühjahre 1096 ein großer ungeord-
neter Hausen unter Führung des Peter von Amiens und Walther von
Habenichts ans Frankreich auf; aber Tausende derselben wurden schon von
kriegerischen Völkern in Ungarn und an der untern Donau erschlagen,
und der Rest erlag in Asien dem Schwerte der seldschuckischen Türken.
Bis zum Herbst desselben Jahres indess war ein großes Heer gerüstet,
an dessen Spitze der fromme Gottfried von Bouillon, Herzog von
Niederlothringen, stand, unter ihm viele Fürsten und Edle aus allen
Ländern zwischen den Pyrenäen und den Alpen. Gegen '/2 Million
Streiter, darunter 100,000 gepanzerte Reiter, zogen gegen Morgen und
gelangten nach Kleinasien. Wunder der Tapferkeit geschahen im Kampfe
gegen die S e l d s ch u ck e r, aber Seuchen, Hunger und das Schwert rafften
Viele dahin, und nur etwa 40,000 Streiter brachen nach der blutigen Er-
oberung von Anti och ia nach Jerusalem auf, welches sie um Pfingsten 1096
erreichten. Beim Anblick der heiligen Stadt fielen Alle auf die Knie, betend
und mit Freudenthränen im Auge. Aber eine schwere Belagerung der festen,
gutversorgten Stadt, wohl versehen mit festen Thürmen und ragenden Zin-
nen, von" denen die blitzenden Geschosse der Türken niederzischten, war nöthig.
Sonnenbrand, Hunger und Wassermangel rafften noch gegen die Hälfte
dahin. Noch 30 Tage dauerte es. Vielen entsank Kraft und Muth. Da
tzeig sich plötzlich auf dem Oelberge ein hoher Ritter in schneeweißer
leuchtender Rüstung; er winkt ihnen nach der heiligen Stadt hin. „Ein