1885 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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geschah es. Am Morgen des dritten Tages — es war im Jahre 101
vor Christi Geburt — standen die Cimbern und Römer einander gegen-
über. Die Vorfechter in den ersten Reihen der Cimbern hatten sich mit
Ketten aneinander geschlossen. Im Frühnebel begann die Schlacht. Schon
wollten die Römer erliegen' da schwinden plötzlich die Nebel, die Sonne
blendet die Cimbern, der Wind treibt ihnen die Staubwolken ins Gesicht,
die ungewohnte Hitze ermattet sie; es entsteht Verwirrung. Jetzt hebt das
Würgen an und währt den ganzen Tag. Bojorix fällt; zwei Anführer
werden gefangen; zwei andere fassen sich fest an den Händen, legen die
Schwerter einer an des andern Brust und durchbohren sich so, um doch
als Freie zu sterben. 90 000 Landsleute waren erschlagen. Als alles
verloren war, fochten die Weiber noch fort und erdrosselten endlich in Ver-
zweiflung ihre Kinder und sich selber. Die treuen Hunde verteidigten
noch lange die Wagenburg. So erlagen die deutschen Stämme; aber lange
noch ehrte und scheute das römische Volk das deutsche Heldentum.
Duller.
3. Drums' Tod.
1. Drums ließ in Deutschlands Forsten
gold'ne Römeradler horsten,
an den heil'gen Götterreichen
klang die Axt mit freveln Streichen.
2. Siegend fuhr er durch die Lande,
stand schon an der Elbe Strande,
wollt' hinüber jetzt verwegen,
als ein Weib ihm trat entgegen.
3. Übermenschlich von Gebärde,
drohte sie dem Sohn der Erde:
„Kühner, den der Ehrgeiz blendet,
schnell zur Flucht den Fuß gewendet!
4. Jene Marken unsrer Gauen
sind dir nicht vergönnt zu schauen,
stehst am Markstein deines Lebens,
deine Siege sind vergebens.
5. Säumt der Deutsche gerne lange,
nimmer beugt er sich dem Zwange;
schlummernd mag er wohl sich strecken,
schläft er, wird ein Gott ihn wecken."
6. Drusus, da sie so gesprochen,
eilends ist er aufgebrochen,
aus den Schauern deutscher Haine
führt er schnell das Heer zum Rheine.
7. Vor den Augen sieht er's flirren,
deutsche Waffen hört er klirren,
sausen hört er die Geschosse,
stürzt zu Boden mit dem Rosse.
8. Hat den Schenkel arg zerschlagen,
starb den Tod nach dreißig Tagen.
Also wird Gott alle fällen,
die nach Deutschlands Freiheit stellen.
Simrock.
4. Armin, der Befreier Deutschlands.
1. Unter der Regierung des Kaisers Augustus suchten die Römer auch
ihre Herrschaft über Niederdeutschland zu verbreiten. Ein glücklicher
Erfolg begleitete den Anfang dieser Unternehmung. Die Deutschen, zwar
mutig, kriegslustig und freiheitsliebend, aber in mehrere Völkerschaften
geteilt, unter sich uneins und der Kriegskunst unkundig, setzten keinen
vereinigten und geordneten Widerstand entgegen. Von dem Rheine bis
zur Elbe hin drangen die Römer vor, und schon schien es, daß ganz
Niederdeutschland ihrer Übermacht auf immer unterliegen würde. Aber
alles, was sie durch 25jährige Anstrengung errungen hatten, raubte ihnen
ein einziger Schlag durch die Klugheit und Tapferkeit eines deutschen
Helden, dessen Name noch jetzt vom deutschen Volke mit dankbarer Liebe
gefeiert wird.