1908 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Jungandreas, R., Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
22
4. Lehrjahre sind keine Herrenjahre.
5. Erst besinns, dann beginns!
6. Arbeit, Mäßigkeit und Ruh
schließt dem Arzt die Türe zu.
26. Der beste Schatz.
Im Jahre 1816 scheiterte an der klippenvollen Küste von Schott-
land in einem heftigen Sturme ein schwedisches Schiff. Das Volk
stand in großen Scharen am Strande, hatte ein Herz zu helfen und
war auch sonst der Kämpfe mit dem ungetreuen Elemente gewohnt;
aber durch diese wilden Wogen wagte sich kein Lotse hindurch. So
ward denn ein Stück des Schiffes nach dem anderen weggerissen, und
ein Mann der Besatzung nach dem andern sank in die kalte Tiefe;
die Wellen wurden ihre Grabhügel. Nur ein Jüngling hatte sich mit
Stricken vom Tauwerk an ein Stück vom zerbrochenen Maste gebunden.
Die Flut trieb eine Weile mit ihm ihr Spiel; endlich warf sie ihn
zwar noch lebend, aber ohne Bewußtsein an das Land.
Das Volk kam gleich herbei, ihm hilfreiche Hand zu leisten, ihn von
seinem Wrack loszubinden und den glimmenden Funken des Lebens wieder
zur hellen Flamme anzufachen. Da bemerkte man, daß er sich mit eineni
Tuche ein Bündlein fest um den Leib gebunden hatte. Es tauchte die
Frage auf: „Was mag er darin haben?" Einer meinte: „Es ist sein
Geld," ein anderer: „Es ist seine Uhr," ein dritter: „Es sind die Schiffs-
papiere." Und alle hatten unrecht und doch auch recht. Es war das
Geld, welches dann noch gilt, wenn alles andere seinen Gehalt ver-
loren hat. Es war die Uhr, welche allein richtig zeigt, was es in uns
und in der Welt an der Zeit ist. Es waren die Schiffspapiere, welche
angeben, was unser Herzensschiff laden soll, wer der Steuermann sein
und welchen Weg es nehmen soll, wenn es glücklich an der Küste des
einigen ewigen Festlandes anlangen will. Als man das Bündlein
öffnete, war eine viel gebrauchte Bibel darin. Der Vater des Jünglings
hatte auf das erste weiße Blatt das Gebet geschrieben, der Herr wolle
diese Mitgift dazu dienen lassen, daß sein Sohn vom ewigen Verderben
errettet werde. Auf dem letzten weißen Blatte stand von derselben
Hand die Erinnerung, daß der Sohn dies teure Buch zu einem steten
Ratgeber machen solle, und zugleich das Bekenntnis, daß der Vater
sein Kind nicht habe aus dem Hause lassen können, ohne ihm dies beste
Unterpfand seiner Liebe mitzugeben. Ahlfeld.