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1. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 98

1908 - Altenburg : Bonde
98 und die blitzenden Augen gaben ihm das Aussehen eines Kriegers; aber er trug sich nicht wie ein Mann des Schwertes. Das kurz- geschorene Haar deckte ein sächsischer Strohhut; an dem langen Gewände war nicht Wehrgehänge, nicht Waffe sichtbar; nur die Axt, welche jeder Reisende in der Wildnis führte, steckte im Sattel. Nach dem großen Ledersack, der vor ihm über dem Sattel befestigt war, mochte man ihn für einen Händler halten; es befanden sich aber in dem Sacke außer- dem notwendigsten Reisevorrate ein Schreiben des Papstes von Rom, ein Schutzbrief des großen Frankenkönigs und verschiedene wertvolle heilige Schriften. Ihm zur Seite trabte ein Jüngling in gleicher Tracht und Ausrüstung, der auch auf dem Rücken ein Bündel trug und in der Hand einen Baumzweig, mit dem er sein Rößlein antrieb. Am Waldesrand hielt der Führer an, sprang vom Rosse, neigte sich tief gegen einen mächtigen Eschenbaum und sprach ehrfürchtig: „Dies ist der heilige Baum der hohen Schicksalsfrauen. Schutz vor schädlichen Gewalten hat die Stelle, und darum habe ich euch hierhergeführt." Hier schickten sie sich an, die Nacht zu rasten, und schlugen den Nacht- zaun zusammen. Der Führer «riet dem Fremden, die hohen Gewalten der Urzeit, welche um den Baum schweben und ihm feind seien, zu scheuen. „Ob sie mir feind sind, will ich dir zeigen, wenn du mir folgst," antwortete der Fremde und schritt dem Baume zu. Er erhob seine Axt und rief: „Haben sie Grimm, so mögen sie zürnen; haben sie Macht, so mögen sie mich treffen wie ich diesen Stamm." Und mit starkem Schwünge schlug er die Axt in den Baum. Der Führer trat zurück, griff nach seiner Waffe und starrte nach der Höhe, ob von dort ein Götterzeichen den Frevler treffe; aber alles blieb still. Grollend zog sich der Führer- zurück, des Schutzes innerhalb des Zaunes für sich und sein Roß nicht begehrend; weitab von den Fremden lagerte er neben seinem Tiere. In der Umzäunung knieten der Fremde und der Jüngling nieder, erhoben den lateinischen Abendgesang und nahmen darauf den einfachen Imbiß ein. — Nach einer stürmischen Wetternacht zogen sie am frühen Morgen weiter. In der Landschaft, welche unsere Reisenden jetzt betraten, lagen hier und da Dörfer und einzelne Höfe fränkischer Ansiedler zerstreut, die Häuser zerfallen und notdürftig geflickt, daneben oft leere Brand- stätten. Nur wenig Leute sahen sie auf dem Felde; in den Dörfern rannten die Kinder und Frauen an den Hofzaun und starrten den Reisenden nach. Wieder kamen sie an ein Dorf; ohne Zaun standen die Strohdächer, welche fast bis zunr Boden reichten, selbst die Flieder-
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