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1. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 254

1908 - Altenburg : Bonde
s — 254 — Sie spielt mit Blumen im Schoße und plätschert sorglos mit den braunen Füßen im Wasser. Langsam singt sie eine schwermütige, eintönige Weise; es ist ein wendisches Volkslied, wie sie es an den Winterabenden von den Frauen und Mädchen in der Spinnstube singen hörte. Helles Jubeln und kindliches Lachen tönt uns entgegen; eine Flotte von flachen Kähnen, breit und viereckig wie Fähren, schwimmt lustig auf uns zu. Wendenkinder sind die Fährleute, Wendenkinder die Fahr- gäste. Die Knaben sind auf das schmuckloseste bekleidet; ein leinenes Höschen, vielfach geflickt und doch zerrissen, ein gerade nicht sehr sauberes Hemd — weiter nichts. Die Mädchen nehmen sich schon schmucker aus; die weißen Hemdärmel stehen hübsch zu dem roten Kopftuche und dem bunten Röckchen. Einige tragen sogar ein weißes Häubchen mit Schleifen oben auf dem Kopfe und gefältelten Flügeln an der Seite. Die Schule ist aus; die Kinder gehen nicht, sie „schwimmen" nach Hanse. Weiter gleitet unser Kahn. Wir sind in dem größten wendischen Kirchdorfe Burk. Ein wunderliches Dorf! Fast jede einzelne Hütte steht auf einem besonderen Jnselchen, von herrlichen Bäumen über- schattet. Sind diese Jnselchen nur durch schmale Gräben voneinander getrennt, so ist zwischen ihnen eine Verbindung durch hohe, einfache Brücken bewirkt. An jedem Ufer ist nämlich ein hoher Baumstamm I in die Erde getrieben, auf beiden ruht ein Brett, und zwei schräg daran gelegte Stämme, mit Leisten benagelt, dienen als Treppe hinauf. Die Brücken sind so hoch, damit auch ein mit Heu beladener Kahn frei unten durchfahren kann. Im übrigen bedient man sich im Sommer der Kähne, um von einer Insel zur anderen zu kommen. Das ist ein immerwährendes Begegnen und Vorübergleiten dieser kleinen, abge- stumpften Fahrzeuge, die sich auf den engen Wasserstraßen mit der größten Leichtigkeit ausweichen. Sonntags fährt alt und jung in vollem Putze zu Kahn in die Kirche. An den langen, dunklen Herbstabenden tragen die Spreewäldlerinnen ihre altertümlichen Spinnräder mit den bunt bebänderten Kunkeln in die Fahrzeuge und schwimmen in die Spinnstube. Aus ihren kleinen runden Fenstern leuchtet dann des Lichts gesellge Flamme, und uralte Volkslieder klingen durch den stillen Abend. Zu Kahn werden auch die Früchte des Feldes und das Gras der Wiesen heimgebracht oder auf die Märkte der nahen Städte geschafft. Im Winter ändert sich das Bild. Sind die Gräben nur not- dürftig zugefroren, so binden sich Knaben und Mädchen ihre Eisen unter
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