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1908 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Jungandreas, R., Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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aus. Der müde Wandrer eilt freudig zu ihr, in ihrem Schatten findet
er süße Ruhe. Hoch in den Zweigen singt der Vögel Chor ihm das
Schlummerlied. Den Stamm der ausgewachsenen Eiche können mehrere
Männer kaum umfassen. Er erreicht einen Umfang von 8 m. Un-
zählbare schön geschweifte Blätter bilden seine große grüne Krone.
Grüne Blütenkätzchen und rötliche Spitzchen hängen im Frühjahr da-
zwischen und im Herbste viele niedliche Eicheln, die in kleinen Näpfchen
sitzen. Ihre dicke, rissige Rinde bietet die Eiche dem Moos als
Nahrung dar. Es hängt in schönen grünen Büscheln an den Ästen,
und wie ein weicher seidener Mantel schmiegt es sich um den Stamm.
Die Flechten hängen in langen weißen Bärten von den Zweigen.
2. Und welche Menge von Tieren Pflegt die Eiche! Schnecken
kriechen langsam empor, um von dem frischen Laube zu speisen. Unten
lauert die Blindschleiche auf sie, um sie zu verspeisen, wenn sie gesättigt
herabsteigen. Kleine Gallwespen laufen auf den Blättern hin und her
und bohren mit ihrem feinen Stachel ein kleines Loch hinein. Ein
winziges Ei kommt dann ins grüne Blatt, der Saft strömt hinzu, und
ein runder Gallapfel bildet sich. In ihm leben die Würmchen, die aus
den Eiern krochen, bis sie groß genug sind und wieder kleine Gall-
wespen werden. Marienkäferchen und Florfliegen geben dem Eichbaum
ihre Eier in Verwahrung. Sie wissen schon, daß ihre Jungen auf dem
Baume reiche Nahrung finden. Eine Menge verschiedener Raupen
zehren von dem Laube und puppen sich am Eichenstamme ein. Schöne
Eichenschmetterlinge kriechen aus ihnen hervor. Die Eiche ist ihr Vater-
land und ihr Ernährer. Maikäfer schmausen hier, Hirschkäfer zerreißen
mit ihrem zackigen Geweih die jungen Zweige und trinken ihren Saft.
Der Laubfrosch verbirgt sich zwischen den grünen Blättern. Der Specht
kommt und klopft an den Stamm und zieht die fliehenden Würmer
ans Tageslicht. Sind die Eicheln reif, so halten Nuß- und Eichelhäher
mit schönen blauen Flügelfedern ihre Ernte. Eichhörnchen bauen
zwischen den breiten Zweigen ihr Haus und sammeln ihren Winter-
vorrat. Die Holztaube hat nicht weit davon ihr Nest und führt ihre
Jungen auf dem Aste aus. Der Marder späht nach Eiern, der Kuckuck
sucht nach Raupen, und die Eule umschwebt zur Nachtzeit den Stamm
und forscht nach einem Vöglein.
3. Auch den Menschen erweist sich die Eiche gar nützlich. Ihren
Überfluß von dürren Ästen wirft sie den armen Leuten herab. Ein
Mütterchen sucht die Eicheln unter dem Baume sorgsam zusammen; es
will Eichelkaffee kochew für das kranke Kind, das davon gesund wird.
Der Apotheker sucht die Galläpfel auf den Blättern, macht schwarze
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