1908 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Jungandreas, R., Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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seine Versuche fortsetzen, und nach langer, saurer Arbeit gelang es ihm
endlich, Gold zu machen, freilich ein anderes Gold, als er selbst er-
wartet hatte: er erfand das weltberühmte Meißner Porzellan, das fast
mit Gold ausgewogen wurde, als es im Jahre 1709 zum erstenmal
auf der Leipziger Messe feilgehalten wurde. Böttger wurde vom Kur-
fürsten reich belohnt und durch Erhebung in den Freiherrnstand ge-
' ehrt; trotzdem wollte er dem Könige von Preußen gegen eine beträcht-
liche Summe das Geheimnis verraten. Der erbitterte Kurfürst ließ
ihm daraufhin den Prozeß machen; aber noch ehe die Untersuchung zu
Ende kam, starb Böttger im Jahre 1719. In den letzten Jahren seines
Lebens wußte er oft nicht, womit er seinen Hunger füllen und seine
Blöße bedecken sollte, obwohl er an Gehalt und Geschenken nach und
nach fast eine halbe Million Mark erhalten hatte.
Im Jahre 1710 wurde die Albrechtsburg in Meißen zu einer
Porzellanfabrik eingerichtet, die erste ihrer Art in Europa. Sie blieb
natürlich nicht die einzige, so stteng auch das Fabrikgeheimnis anfangs
gehütet wurde. Noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ent-
standen Porzellanfabriken in Wien, Kopenhagen, Berlin, Petersburg
und Sövres bei Paris. Jetzt ist Böttgers Kunst allgemein verbreitet,
und auch in unserer Heimat — in Untermhaus — hat sie eine Stätte
gefunden. Das Meißner Porzellan behauptet jedoch vor allen anderen
Erzeugnissen seiner Art noch immer den Vorrang und übertrifft teilweise
selbst das chinesische. —
Der wichtigste Bestandteil des Porzellans ist die Porzellanerde
(Kaolin); sie hat eine weiße oder gelbliche Farbe und ist entstanden
aus verwittertem Feldspat. Im Gegensatz zum Ton, der ein weit-
gereister Geselle ist und dessen Lager sich zumeist im Meeresgrunde
gebildet haben, ist die Porzellanerde nie über ihre Geburtsstätte hinaus-
gekommen. Sie findet sich daher in Nestern überall da, wo das
Muttergestein (Feldspat) in größerer Menge vorkommt, so namentlich
in Sachsen, Schlesien, Bayern u. s. w. In unserer Heimat tritt sie
nur in ganz geringer Menge auf, so daß die Ausbeute sich nicht lohnen
würde. Die Fabriken in Untermhaus, -Roschütz, Hermsdors n. s. w.
beziehen sie von auswärts. Zum Gebrauche muß das Kaolin mit ge-
mahlenem Feldspat und Quarzsand vermischt werden. Dadurch ent-
steht eine Masse, welche nach dem Brande so hart ist, daß sie am
Stahle Funken und beim Anschlagen einen glockenartigen Klang gibt.
Treten wir in eine Porzellanfabrikl Da stehen große mit
Wasser gefüllte Kufen. In ihnen wird die Porzellanerde durch starkes
Rühren zu einer weißen Brühe aufgelöst, „geschlämmt". Der noch unver-