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1. 1 = 5. Schulj. - S. 17

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
— 17 — Sprung, aber bei drei Rossen gelang es nur einer kleinen Zahl, und über vier sprang Theodulf allein, und als er hinter den Rossen zum Haufen der anderen zurücktrat, sah er herausfordernd den Fremden an und winkte mit der Hand zur Folge. Der Fremde neigte das Haupt ein wenig und tav denselben Sprung so sicher, dass das Feld vom Beifall widerhallte. Da rief Theodulf das fünfte Ross heran zum schweren Sprunge, nur selten vollbrachte ihn einer der Behendesten. Aber der Thüring war gereizt und entschlossen, das Äusserste zu tun. Er selbst ordnete die Pferde anders, dass der Schimmel als fünfter stand, dann sah er um sich, empfing den Zuruf seiner Freunde und wagte den mächtigen Sprung. Und er kam hinüber, nur dass er beim Niedertauchen mit seinem Rücken den Schimmel streifte. Aber während er vor- trat und sich über das Jauchzen des Volkes freute, tönte noch lauterer Zuruf hinter ihm, und umgewandt sah er den Fremden, der diesmal schnell und mühelos in seinem Rücken den Sprung vollbrachte. Der Thüring erblich vor Zorn, er ging schweigend an seinen Platz und mühte sich vergebens, den Neid herabzu- drücken, der ihm aus den Augen brach. Die Alten aber traten zu dem Fremden und rühmten seine Kunst, und der alte Häupt- ling begann: „Ich erkenne, Fremder, wenn mich nicht deine Ge- bärde täuscht, du bist nicht unkundig des Schwunges auch über sechs Rosse, den sie Königssprung nennen, und der nicht in jedem Menschenalter einem Helden gelingt. Ich sah ihn einmal, da ich jung war, mein Volk niemals.“ Und er rief laut: „Führt das sechste Ross heran!“ Da erhob sich im Kreise Gemurmel, und die Entfernten drängten näher herzu, während die Häuptlinge eilten, das Ross zu stellen. Neben Ingo aber trat die Fürstin, sie war bekümmert um die Niederlage ihres Verwandten und sprach leise zu dem Gaste: „Erwäge, Held, leicht trifft der Pfeil des Jägers den Auerhahn, wenn er die Flügel breitend seine Stimme erhebt.“ Aber Ingo sah auf Irmgard, welche in froher Erwartung hinter der Mutter stand und ihn freundlich anlachte, und er ant- wortete mit heissen Wangen: „Zürne mir nicht, Herrin, ich bin gefordert, nicht habe ich mich in den Kampf gedrängt; ungern entsagt der Mann der angebotenen Ehre.“ Er trat rückwärts zum Sprunge, hob sich gewaltig in die Luft und vollbrachte den Sprung, dass alles Volk jauchzte, und da er zurückkehrte, achtete er nicht auf die unwillige Miene der Fürstin, er freute sich, dass ihm die Kunst gelungen war und Irmgards Angesicht rosig erglänzte. Lange wogten die Zuschauer durcheinander, sprachen über die Kühnheit des Fremdlings und rühmten ihn, bis dem Wettkampfe der Männer andere Ziele gesetzt wurden. Ingo stand fortan still neben den Häuptlingen, und niemand forderte ihn zu neuem Streite. ___________ Gustav Freytas (Ingo und Ingraban.) 2 Dar Vaterland. I.
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