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1. 1 = 5. Schulj. - S. 22

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
22 Bergen zu. Die Bürger traten auf die Mauern und schauten ihm verwundert nach; sie waren aber froh, als er mit raschen Schritten ihren Blicken entschwand, denn sie hatten ihm wenig Gutes zugetraut. Den ganzen Tag war Ecke bereits in dem Gebirge hin und her gelaufen, überall hatte er den Berner gesucht, aber bis jetzt noch nicht gefunden. — Schon begann der Abend zu dunkeln, da kam er an einen schmalen Steig, der zu einer großen Linde führte. Er ging auf dieselbe los und fand an einem Aste der Linde ein Roß ange- bunden; nicht weit davon aber lag ein verwundeter Ritter. Sein Panzer war ihm ganz und gar zerschlagen, und eine große Lache Blutes war den Wunden des Ritters entströmt. Ecke ging zu dem Verwundeten und ihn teilnehmend betrachtend, fragte er ihn, woher er gekommen sei und wer ihm so tiefe Wunden geschlagen habe. Dieser erwiderte nur: „Dietrich von Bern war es, der mich so schlug. Ach, mit ihm zu kämpfen, sollte niemand wagen, denn niemand darf ihn zu bestehen hoffen." Unterdessen hatte Ecke die Wunden näher betrachtet und mit sei- nen Händen die Größe derselben gemessen. Da mußte er allerdings staunen, und verwundert rief er aus: „Wahrlich, so breite und so tiefe Wunden habe ich noch nie gesehen, und ich habe doch so manchen Kampf mitgemacht. An dir, Held, ist ja nichts ganz geblieben, und weder Schild noch Helm hat dich geschützt. Fast möchte ich glauben, daß diese Wunden gar nicht von einem Schwerte geschlagen seien, son- dern daß der wilde Donnerschlag vom Himmel das getan habe." „Nein," erwiderte der Wunde, „der Donner hat mir nichts ge- than; aber Dietriches Schwert ist gut, und sein Arm ist stark. Mit drei anderen Helden bin ich vom Rheine weggeritten, und um schöner Frauen willen wollte ich mir im Kampfe Ruhm erwerben. Nun sind wir aber Dietrich begegnet, und während er meine Gefährten sofort zu Tode geschlagen, hat er mich so zerhauen, daß auch mein Leben nur noch kurze Zeit währen kann." Als Ecke nach dem Namen des Verwundeten fragte, nannte sich dieser Helserich von der Lune. Darauf fragte Ecke weiter nach Dietrichs Größe und Aussehen, ob er nicht auch schon graue Haare habe, und erzählte dann, daß er von drei Jungfrauen gesandt sei, um ihn nach Köln zu holen. Da sprach aber der Wunde: „Ich habe noch nie einen kühneren Mann gesehen als Dietrich, und ein ganzes Heer möchte wohl nicht hinreichen, um ihn zu bekämpfen. Sein Antlitz ist schön und seine Gestalt schrecklich, sein ganzer Leib aber ist mit Stahl und Eisen bedeckt, so daß ich Euch über die Farbe seiner Haare nichts sagen kann. Wenn ich Euch jedoch einen guten Rat geben soll, so sucht den Helden nicht aus. Ob Ihr auch größer seid als er, so werdet Ihr doch nichts gegen ihn ausrichten. Sein Schwert ist so gut, daß auch eine Mauer, wenn er aus sie schlüge, davon in Stücken gehen müßte."
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