1908 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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Allmählich blühten diese Städte empor. Die Burger, welche im Kriege
die Waffen zu führen hatten, trieben im Frieden Handel und allerlei Ge-
werbe, und so fanden sie hinter ihren Stadtmauern nicht nur Schutz vor
Gefahr, sondern gelangten auch nach und nach zu erhöhtem Wohlstände.
Heinrich aber wollte sein Land nicht bloß durch Festungen vor den
Räubereien der Ungarn schützen; er wollte den wilden Feinden auch eine
wohlgerüstete Kriegsmacht entgegenstellen. Daher verbesserte er das Heer-
wesen und übte seine Scharen aufs eifrigste in den Waffen. Namentlich
schuf er eine tüchtige Reiterei. Denn gerade durch ihre raschen Pferde waren
die Ungarn am meisten gefährlich.
Nachdem sich Heinrich so auf den Krieg
vorbereitet hatte, zog er, ehe noch der
Waffenstillstand mit den Ungarn abge-
laufen war, zuerst gegen die Slawen
aus. Mitten im Winter rückte er über
das Eis gegen ihre Hauptstadt Bren-
nabor (jetzt Brandenburg) an der
Havel heran und eroberte sie samt
dem umliegenden Lande. Dann ging
er auf die Normannen los, besiegte
sie und nahm ihnen das Land Schles-
wig weg.
Jetzt gedachte Heinrich, es auch
mit den gefürchteten Ungarn aufzu-
nehmen. Der neunjährige Waffen-
stillstand war zu Ende. Da kamen
ungarische Gesandte und forderten
wieder den alten Zins. Aber Hein-
rich wies sie zurück. Ja, man er-
zählt, er habe ihnen einen räudigen,
an Schwanz und Ohren verstümmel-
ten Hund reichen lassen, um die
Übermütigen recht zu verhöhnen. Als-
bald brachen nun die Feinde in zahl-
loser Menge, gleich einem Heuschrecken-
schwarme alles verheerend, ins Land
ein. Aber es ging nicht mehr wie Heinrich I. 919 — 936.
früher. Die Bauern konnten jetzt
ihr Vieh und ihre sonstigen Habseligkeiten in die ummauerten Städte
flüchten, wo die Ungarn nicht einzudringen vermochten. König Heinrich
aber sammelte seine mutigen Krieger um sich und ermunterte sie zur
Schlacht. „Gedenket des Elends," rief er, „das die wilden Feinde über
euch gebracht; gedenket daran, wie sie eure Hütten verbrannt, eure Habe
geraubt, eure Frauen und Kinder gemordet, eure Kirchen und Altäre zer-
stört haben. Krieger! Der Tag der Vergeltung ist gekommen. Seid
Männer und betet zu Dem dort oben, der Hilfe sendet in der Stunde der