1908 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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fahrten nannte. Die Stadt Jerusalem, der Ölberg, Gethsemane,
Golgatha, Bethlehem und andere heilige Orte wurden beständig von
christlichen Pilgern besucht. Als aber die rohen Türken Palästina
eroberten, wurden die Christen oft in ihren Andachtsübungen gestört
und schnöde mißhandelt, die geweihten Orte beschimpft und geplündert.
Wehklagend kamen die Pilger nach Europa zurück und erzählten von
dem Jammer in Jerusalem.
2. Peter von Amiens.
Keiner aber verstand die Not der dortigen Christen so feurig zu
schildern wie der französische Einsiedler Peter von Amiens. Er
hatte eine Wallfahrt nach Jerusalem gemacht und dort die Greuel
angesehen, welche die Türken verübten. Auf seiner Heimreise begab
er sich nach Rom zum Papste und sprach: „Heiliger Vater, in
Jerusalem werden die Drangsale, welche die Ungläubigen uns
Christen bereiten, immer ärger. Der Herr Christus will aber
solche Schmach uicht länger dulden. Er ist mir an seinem Grabe
im Traume erschienen und hat zu mir gesagt: „Auf, Peter, eile
in deine Heimat und verkünde die Leiden meines Volkes, auf daß
ihm geholfen und die heilige Stadt von den Ungläubigen befreiet
werde." Der Papst antwortete: „So gehe denn hin, mein Sohn,
erzähle allerorten, was du gesehen und gehöret hast und rufe die
Christen auf, Jerusalem den Türken zu entreißen." Und Peter
tat also. Im groben, wollenen Mönchsrock, einen Strick um den
Leib, barfuß und mit einem Kruzifix in der Hand, zog er, auf
einem Esel reitend, von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf. Das
Volk lies zusammen, wenn es ihn sah, und er redete begeistert zu
der Menge: „Auf, ihr Christen, zum heiligen Kampfe! Der Heiland
ruft euch, sein Grab zu befreien aus der Schmach, seine Stadt
Jerusalem zu retten ans den Händen der Gottlosen. Und ihr wollet
noch zaudern, ihr wollet nicht hören auf die Stimme des Herrn?"
Die Wirkung dieser Predigt war eine gewaltige. Das Volk sah
in dem bleichen, abgezehrten Pilgersmanne, dessen Augen wie
Feuer glänzten, einen Boten, von Gott gesendet. Alle Herzen wurden
ergriffen von der Macht seiner Worte; allenthalben regte sich ein
glühender Eifer, zum Streite gegen die Ungläubigen auszuziehen.
3. Es wird ein Kreuzzug beschlossen.
Nun berief der Papst eine Kirchenversammlung nach einer
Stadt in Frankreich. Eine zahllose Menge Volkes strömte dort
zusammen. Zuerst schilderte Peter in stammender Rede das Elend
der Christen im gelobten Lande. Dann sprach der Papst: „Sollen
wir noch länger die heiligen Orte den Ruchlosen zum Raube lassen?
Auf, gegen die Feinde des christlichen Namens kehret die Schwerter!
Als Sieger werdet ihr heimkehren oder die Märtyrerkrone erlangen.
Wer mitziehet in den heiligen Kampf, dem sind seine Sünden ver-