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1. Das Vaterland - S. 339

1900 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
339 habe sich nämlich in eine Bockshant einnähen und unter lustigem Meckern auf der Stadtmauer sehen lassen, bis die Feinde in der Meinung, die drinnen müssten noch Lebensmittel genug haben, voll Verdruss und Ärger wieder abgezogen seien. Das war ein gescheiter Bursche — dieser Neustädter Schneider; aber der Hannes-Jakob von Hopp ach war auch nicht auf den Kopf gefallen. Wenn man von Eschau nach Hoppach geht, kommt man an einem Berge vorbei, der bis herunter in den Grund reicht; darauf liegt das Wildensteiner Schloss. Jetzt steht davon nur noch eine grosse Mauer und das Thor, das sonst eine Zugbrücke gehabt hat, und ein hoher viereckiger Turm, und im Hofe ist noch der Keller zu sehen und ein tiefer Brunnen, der aber mit Steinen aus- gefüllt ist. Vor hundert Jahren wohnte noch der Jäger im Schlosse und der Schäfer, seitdem aber ist’s öde und verlassen; im Hofe weiden die Kühe, auf dem Gemäuer haben die Vögel und der Wind Tannenbäume und Vogelbeeren ausgesät, und auf dem Schlosswege wächst das Gras. Dass es hier einmal so aussehen würde, hätte von den Rienecker Grafen, die vorzeiten in dem Schlosse hausten, keiner geglaubt als vielleicht der letzte, der, als seine Leute im Schlosse alle geflohen oder geblieben waren, mit dem Pfarrer durch den unterirdischen Gang sich retten wollte, aber sich in sein Schwert stürzte, da er den Ausgang dort, wo man’s die „Badestube“ heisst, vom Feinde bereits besetzt fand. Sonst waren die Rienecker Grafen lange Zeit reiche und grosse Herren, die Geld und Gut und Grund und Boden genug gehabt hatten, und es wäre auch heute noch von ihrem Golde und Silber viel im Schlosse zu heben, wenn man nur wüsste, wie und wo. So aber wird’s liegen bleiben bis zum jüngsten Tage. Immer hilft Geld und Gut auch nicht, und ein guter Ein- fall ist manchmal mehr wert als Gold und Silber. Das haben die Herren einmal recht deutlich erfahren, als sie den grossen Streit mit den Mainzern führten. Diese hatten die ganze Gegend mit ihren Leuten belegt, dass kein Rienecker mehr vom Schlosse sich wagen durfte. War’s ihnen auch nicht lieb, so gaben sie sich doch darein, tummelten ihre Gäule im Hofe, dass sie nicht steif wurden, hielten die Fastnacht im Schlosssaale und warteten auf bessere Zeiten. Als aber der Schnee schmolz und die wilden Wasser sich verlaufen hatten und man just auf die Märzveilchen wartete, siehe, da kamen eines Abends die Mainzer in hellen Haufen das Thal heraufgezogen und legten sich vor das Schloss, und die Rienecker machten grosse Augen. Zwar hatten sie Mannschaft genug, und die Mauern waren hoch und der Graben tief; aber mit der Nahrung sah’s übel bei ihnen aus, und sie wussten wohl, wenn der Magen leer ist, will das Herz nicht mutig sein und 22*
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