1894 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: ,
- Hrsg.: Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 21
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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auf die Barriere setzen, wie wenn er zu den Zuschauern herüber-
steigen wolle. Lag er, so schien er es doch nicht gern zu haben,
wenn man sich auf ihn wie auf ein Bett setzte. Oft ergriff er un-
willig eine hölzerne Säule und schüttelte sie, daß sie krachte, doch
offenbar nur zum Zeitvertreibe. Er machte sich immer etwas zu schaffen.
Dann donnerte ihn sein Kornak oder Führer an und stieß ihm einen
Zweizack ins Maul, daß es blutete; er litt es und wurde ruhiger.
Er griff auch zu einem hohen Gitter herauf, um es zu zerreißen.
Stellte man ihm einen Eimer mit Wasser hin, so begoß er sich an
allen Seiten des Körpers zwanzig-, dreißigmal mit der deutlichsten
Äußerung, daß ihm diese Abkühlung große Freude machte. Er spielte
mit dem Wasser, um sich Kurzweil zu machen, recht eigentlich. Als
man eines Abends und die Nacht hindurch Vorkehrungen zu seiner
Abreise machte, schlief er sehr unruhig, schüttelte im Schlafe die Kette
oft und stieß ungewöhnliche Brummtöne aus. Entfesselt trat er dann
ganz ruhig und froh aus dem Hause, zwischen zwei Ketten rechts und
links, in seinen Kasten hinein, in welchem er zu Fuß reisen mußte.—
Ein weiblicher Elefant war gegen jedermann wunderbar zutraulich, stand
ohne irgend eine Barriere oder Hemmung und reiste ganz frei und
unangebunden mit mächtigen Schritten. Man trieb mit ihm närrische
Dinge. Nicht nur mußte er Pistolen losschießen und allerlei erraten,
sondern er mußte sich auch in der Art eines Hundes an einen Tisch
setzen und klingeln, worauf ein Diener erschien, der ihm Brot und
Obst hinstellte, das er augenblicklich aß. Er klingelte wieder, da
erschien eine Flasche Wein; er entstöpselte sie und klingelte wieder;
der Diener war sogleich wieder da und setzte ihm Backwerk vor. Bald
war auch dieses fort, und augenblicklich klingelte er wieder u. s. w.
Die Gutmütigkeit dieses ungeheuern Tieres, dieses beweglichen, grauen
Felsen, war unbegreiflich groß. Ohne Furcht konnte man sich auf ihn
hinaussetzen und reiten und sich beim Hinauf- und Herunterklettern
an seinen ungeheuern Lappohren halten. Merkte er, daß man her-
untersteigen wollte, so machte er seinen Rüssel starr, so daß man auf
ihn heruntersteigen und von ihm, wie von einer Querstange, leicht auf
den Boden springen konnte.
Thatsachen sind es, daß der Elefant im Freien alle Zweige, die
er von den Bäumen als Nahrung abbricht, an seinen Vorderbeinen
abstreift, um Staub, Insekten u. s. w. zu entfernen, daß er nicht
gern über Brücken geht, wenn er das Wasser sieht, und man also
Wände machen muß, zwischen welchen er hindurch gehen soll; daß er
manchmal seinem zahmen Zustande entläuft und sich wieder Jahre
lang bei den wilden aufhält; daß er, wieder eingefangen, seinen ehe-
maligen Herrn, sogar nach zehn und mehr Jahren, so gut wie der
Pudel, wieder erkennt; daß der Jäger, wenn er zuerst den Elefanten
erkennt, geradezu auf ihn losgehen oder losreiten und ihm befehlen
darf, wieder mit ihm zu kommen; daß er für Beleidigungen ein
treues, für Wohlthaten aber ein noch treueres Gedächtnis hat und