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1. 6. Schuljahr - S. 8

1895 - Leipzig : Siegismund u. Volkening
zujagen. Man nannte das „den alten Adam austreiben". — Am Abend desselben Tages und auch an den beiden folgenden Abenden gab es noch andere Belustigungen. Nach und nach wurden alle Lichter in der Kirche ausgelöscht, und nun begann eine greuliche Katzenmusik durch Schreien, Pfeifen, Toben und Lärmen. Das nannte man die „Rumpelmette". Tiefes Leid im Herzen über den grenzenlosen Verfall der Kirche und die himmelschreiende Unwissenheit und Verwahrlosung des armen Volkes, hatte Luther einst einige Leute in der Beichte zur Buße er- mahnt. Wie erstaunte er aber, als sie ihm erklärten, sie brauchten nicht Buße zu thun, denn sie hätten Ablaßbriefe von Tetzel! Nun vermochte er nicht länger zurückzuhalten. Er setzte sich hin und schrieb 95 kurze Sätze auf, in denen er bewies, daß der Ablaß- handel ganz gegen die heilige Schrift und gegen alle Vernunft und sogar eine Gotteslästerung sei; daß niemand das Recht und die Macht habe, Sünden zu vergeben, außer Gott, und daß allein wahrhafte Besserung durch wirkliche Reue und Buße dahin führen könne u. s. w. Diese Sätze schlug er den 31. Oktober 1517 in Gegenwart vieler Studenten und anderer Leute an die Schloßkirche zu Wittenberg au. Das war der Anfang der Reformation, der Grundstein, auf welchen Luther nach und nach die evangelische Kirche gebaut hat, die Kirche, welche alle Satzungen des Papstes verwarf und allein auf die heilige Schrift sich gründete. Die Sätze machten unerhörtes Aufsehen. Als wären die Engel selbst Botenläufer ge- wesen, so waren sie in 14 Tagen durch ganz Deutschland, in 4 Wochen durch ganz Europa verbreitet. Man staunte und bewunderte den Mut des Mannes, der es wagte, den Papst anzugreifen, eine Macht, vor welcher man die mächtigsten Fürsten hatte zittern sehen. Bald genug erschien denn auch der Bannfluch des Papstes gegen Luther. Dieser aber, inzwischen und dadurch zu größerem Widerstande gereizt, ließ ein Feuer anzünden und übergab in Gegen- wart der staunenden Menge die Bannbulle mit kühner Hand den Flammen. Dadurch hatte er sich nun gänzlich vom Papste losgesagt; man zitterte für sein Leben, und viele hielten ihn für verloren. Er aber kannte keine Furcht. Auch hatte er schon mächtige Freunde, die sich seiner annahmen. Da war vor allen der edle Kurfürst Friedrich der Weise, welcher entschlossen war, ihn zu schützen; dann Ulrich von Hutten, ein echt deutscher Mann, kühn und scharf mit dem Schwerte und mit der Feder. Wie er einst vier Franzosen zum Zweikampf forderte und sie alle besiegte, weil sie vom Kaiser un- ehrerbietig gesprochen hatten, so war er auch mächtig mit dem Worte. Mit Begeisterung ergriff er Luthers Sache und hätte gern das Schwert für ihn gezogen. Franz von Sickingen, ein tapferer Ritter in Franken und mit so außerordentlichen Eigenschaften begabt, daß man ihn der Kaiserkrone für würdig hielt, bot Lutheru einen sicheren Aufenthalt in seiner Burg Landshut an. Wie mächtig er
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