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1. 6. Schuljahr - S. 56

1895 - Leipzig : Siegismund u. Volkening
56 St. Bernhard im Passeyr, am 22. November 1767 geboren, aus einem Geschlechte, das von gutem, altem Herkommen war und bei den Landlenten einen guten Klang hatte. Er war von hoher, her- kulischer Gestalt und trug einen schönen schwarzen Bart, der bis an den Gürtel reichte; im ganzen Etschlande war er um seiner aner- kannten Rechtlichkeit und Anhänglichkeit an das Althergebrachte un- gemein geliebt. Sein Herz, das sonst ruhig fortschlng, stand in vollen Flammen, wenn die Rechte und die Satzungen der Väter, religiöse Gegenstände, oder die über alles teure heimatliche Erde ge- schmäht oder gelästert wurden. In einer Seele voll schmuckloser Ein- falt und frommer Treue trug er eine unduldsame Vaterlandsliebe und einen hohen Nationalstolz; er haßte alle Feinde der Freiheit und seines Vaterlandes, und darum haßte er nicht bloß die Franzosen und die Bayern, sondern auch den Adel. Dieser Andreas Hofer war unter den Verschworenen zur Rettung seines Vaterlandes, und er kehrte von Wien zurück voll guter Hoff- nung und sagte zu seinen Brüdern: „Wohlan, man wird uns helfen!" Die Zahl der Verschworenen war aber schon sechshundert, und die ganze große Zahl hielt das Geheimnis mehrere Monate verschlossen in der Brust. Aber diesem Volke ist der Gesamtwille teuer und heilig, es stehen alle für einen und einer für alle, und darum be- wahrten sie so lange ein Geheimnis; sie hätten es jahrelang bewahrt. Als aber die Nacht des 9. April des Jahres 1809 gekommen war, ver- kündigten unaufhörliche Freudensalven, Sturmglocken aus den Thälern und von den Höhen und Wachtfeuer auf den höchsten Bergen, die weit- hin am Himmel leuchteten, die Morgenröte der Erlösung; in den Wellen des Inn sah man da und dort ein Brett mit einem kleinen roten Fähnlein schwimmen zum Zeichen, daß es Zeit sei, und Weiber und Kinder trugen Zettel umher, auf welchen die Worte standen: „'s ist Zeit!" Hofer war aber der Hauptmann des Passeyer Aufstandes, er war das Haupt der ganzen Verschwörung. Und als der Morgen des 10. April gekommen, brachen Hofer und seine Tiroler mit ihrem Ingrimm in der Brust hervor von allen Seiten ans die überraschten, erstaunten fremden Truppen; von allen Bergen rollten Felsstücke und Baumstämme, hinter den Felsen und Hecken und ans . den Schluchten und Hütten pfiffen die Kugeln. Die wenigen Feinde, welche dem Tode entkommen waren, flohen in hastiger Eile nach Innsbruck und der Felsenburg Kufstein; Innsbruck wurde aber er- stürmt, Kufstein belagert, und binnen wenigen Tagen war das Land wiedergewonnen von der neuen Herrschaft. Viele Tausende wurden gefangen, und unermeßliches Heergerät kam in die Hände der Sieger. Das war die glorreiche blutige Arbeit der Tiroler Landleute im Frühjahr 1809, eines Volkes, das hart ist wie seine heimatliche Erde und fest und unerschütterlich wie seine Felsen. Das hatte die Macht der Idee gethan, die Allgewalt eines gereizten Volkes, das sich mit eigener Hand sein Recht und seine Freiheit wiederverdienen
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