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1. 6. Schuljahr - S. 68

1895 - Leipzig : Siegismund u. Volkening
68 37. Körner an seinen Vater. Wien, am 10. März 1813. Liebster Vater! Ich schreibe Dir diesmal in einer Ange- legenheit, die, wie ich das feste Vertrauen zu Dir habe, Dich weder befremden noch erschrecken wird. Neulich schon gab ich Dir einen Wink über mein Vorhaben, das jetzt zur Reife gediehen ist. — Deutschland steht auf; der preussische Adler erweckt in allen deutschen Herzen durch seine kühnen Flügelschläge die grosse Hoffnung einer deutschen, wenigstens norddeutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande — lass mich ihr würdiger Jünger sein! — Ja, liebster Vater, ich will Soldat werden, will das hier gewonnene glückliche und sorgen- freie Leben mit Freuden hinwerfen, um, sei’s auch mit meinem Blute, mir ein Vaterland zu erkämpfen. — Nenn’s nicht Übermut, Leichtsinn, Wildheit! — Vor zwei Jahren hätte ich es so nennen lassen, jetzt, da ich weiss, welche Seligkeit in diesem Leben reifen kann, jetzt, da alle Sterne meines Glückes in schöner Milde auf mich niederleuchten, jetzt ist es, bei Gott! ein würdiges Gefühl, das mich treibt, jetzt ist es die mächtige Überzeugung, dass kein Opfer zu gross sei für das höchste menschliche Gut, für seines Volkes Freiheit. Vielleicht sagt Dein bestochenes väterliches Herz: Theodor ist zu grösseren Zwecken da, er hätte auf einem andern Felde Wichtigeres und Bedeutenderes leisten können, er ist der Menschheit noch ein grosses Pfund zu berechnen schuldig. Aber, Vater, meine Meinung ist die: Zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre seiner Nation ist keiner zu gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu! Dass ich mein Leben wage, das gilt nicht viel; dass aber dies Leben mit allen Blütenkränzen der Liebe, der Freundschaft, der Freude geschmückt ist, und dass ich es doch wage, dass ich die süsse Empfindung hinwerfe, die mir in der Überzeugung lebte, Euch keine Unruhe, keine Angst zu bereiten, das ist ein Opfer, dem nur ein solcher Preis entgegengestellt werden darf. — In Breslau, als dem Sammelplätze, treffe ich zu diesen freien Söhnen Preussens, die in schöner Begeisterung sich zu den Fahnen ihres Königs gesammelt haben. Ob zu Fuss oder zu Pferd, darüber bin ich noch nicht entschieden und kommt einzig auf die Summe Geldes an, die ich zusammenbringe. — Tonie1) hat mir auch bei dieser Gelegenheit ihre grosse, edle Seele bewiesen. Sie weint wohl, aber der geendigte Feldzug wird ihre Thränen schon trocknen. — Die Mutter soll mir ihren Schmerz vergeben, wer mich liebt, soll mich nicht verkennen, und Du wirst mich Deiner würdig findem * *) - Dein Theodor. *) Körners Braut. Körner.
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