1879 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
102. Die Stubenfliege.
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sich der Seidenbau nach Südwesteuropa verbreitet. Die Nahrung
der Seidenraupe besteht aus Blättern des Maulbeerbaumes.
Der Appetit der Raupen ist ausserordentlich. In 4 Wochen
wechseln sie viermal ihre Haut; die erste ist schwärzlich, die
letzte weisslich. Zuletzt verlieren sie den Appetit, rennen un-
ruhig umher und suchen sich ein Plätzchen zur Verpuppung.
Ihr Puppenkleid ist Seide. Die Raupen spinnen es unter
beständiger Drehung des Kopfes aus einem klebrigen, breiigen
Stoffe, der sich in ihrem Leibe angesammelt hat. Der Faden
kommt aus zwei Wärzchen am Munde und erreicht eine Länge
von 3 — 600 m. Das Puppenkleid, Cocon (sprich Kokong)
genannt, ist weiss oder gelblich und ungefähr so gross wie
ein Taubenei. Nach 3 Wochen ist der Schmetterling ent-
wickelt ; er erweicht durch einen scharfen Saft den Cocon und
durchbricht denselben. Doch so weit lässt man es nicht
kommen, weil sonst die Seide zerstört würde. Nur eine An-
zahl Schmetterlinge, die zum Eierlegen bestimmt sind, lässt
man ausschlüpfen; die übrigen todtes man in einem heissen
Backofen. Die Cocons bestehen aus der äusseren lockeren
Floretseide, der darunter liegenden feinen Seide und
der inneren geleimten Seidenwatte. Die Cocons werden
in heisses Wasser geworfen und mit kleinen Besen gepeitscht.
An das Reisig hängen sich die Fadenanfänge, und nun wird
die feine Seide mit einem Haspel abgewunden. Um ein Pfund
Seide zu erhalten, sind ungefähr 3000 Cocons erforderlich.
Aus den zarten, aber festen Fäden werden Tücher und Kleider-
stoffe verfertigt.
Die Schmetterlinge, welche uns durch ihre Farbenpracht er-
freuen, machen alle eine vollständige Verwandlung durch. Die Farbe
und der Glanz der Flügel rührt von dachziegelförmig über einander
liegenden Staubschuppen her. Die Schmetterlinge haben meistens
eine spiralförmig aufgerollte Zunge, die, ausgestreckt, oft länger ist,
als das Thier selbst. Sie ist zum Aufsaugen der Blumensäfte bestimmt.
Ausser der Seidenraupe sind alle Schmetterlingsraupen als schädlich
zu betrachten.
102. Die Stubenfliege.
Die Stubenfliege kennt zwar jedermann; aber nur wenige
Menschen haben sie so genau angesehen, daß sie eine richtige
Vorstellung von ihr besitzen. Das Thierchen hat einen Ropf,
einen vorder- und einen Hinterleib, zwei Angel und sechs
Leine. Am Ropfe sind zwei große, unbewegliche Augen, zwei
Fühler und ein Säugrüssel. Um den Lan der Angen kennen
zu lernen, mnß man sie durch ein Vergrößerungsglas be-
trachten. Man sieht dann, daß jedes derselben ans fast
^000 sechseckigen Flächen besteht, von denen jede gewölbt und
vollkommen wie ein Ange eingerichtet ist. Durch diesen merk-