Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 100

1872 - Halle a/S. : Buchh. des Waisenhauses
100 „Wenn die Mauer in die Höhe kommt, will ich mich dran hängenlassen!" Wie bei der Erbauung, so ging es auch bei der Erhaltung her: „Von Woche zu Woche, von Monat zu Monat," sagt Francke, „hat mir der Herr zugebröckelt, wie man den kleinen Küchlein das Brot zubröckelt, was die Nothdurst erfordert." Immerhin ging's nicht selten durch großes Gedränge, und doch konnte Francke auf die Frage: „Habt ihr auch je Mangel gehabt?" in Wahrheit mit den Jüngern des Herrn antworten: „Herr, nie keinen!" Zur Zeit seines Todes 1727 waren im Waisenhause 143 Waisenkinder unter 10 Aufsehern, 2207 Kinder und Jüng- linge, die in den verschiedenen Schulen von 175 Lehrern meist unentgeltlich unterrichtet wurden. 150 Schüler und 225 arme Studenten wurden aus der Kasse des Waisenhauses täglich gespeist. — Die Francke'schen Stiftungen übten einen gesegneten Einfluß auf Verbesserung des Schul- und Erziehungswesens bei Arm und Reich in der Nähe und Ferne aus. 167. Geschichten zu geistlichen Liedern. 1. Wer nur den lieben Gott läßt walten. Der Verfasser des Liedes ist Georg Neumark, geboren im Jahre 1621. Er war nicht immer herzoglich sächsischer Archivsekretair und Bibliothekar zu Weimar, sondern es gab eine Zeit, da war er ohne Versorgung und lebte in so großer Armut zu Hamburg, daß er sich einst, wie man erzählt, genöthigt sah, seine Gefährtin in manchen Leiden, seine theure Viola di Gamba, die er mit seltener Fertigkeit spielte, zu versetzen. Da er aber nicht aufhörte, dem Herrn zu singen und zu spielen in seinem Herzen, so blieb auch ein Zeichen der Erhörung nicht ans. Neumark wurde nämlich an den schwedischen Gesandten zu Hamburg, von Rosenkranz, empfohlen. Zur Probe ließ dieser ihn eine Schrift an die Neichs- räthe in Schweden aufsetzen, welche die Ernennung zum Gesandtschafts-Sekretair zur Folge hatte. Sein erstes Gelb mußte seine Viola heimholen, und sein dank- erfülltes Herz ergoß sich in dem schönen Liede: „Wer nur den lieben Gott läßt walten," das sogleich auch mit der Musik geboren wurde; doch ist die jetzt ge- bräuchliche Melodie eine andere als die ursprüngliche. Mehr verbürgt ist freilich die andere Erzählung, nach welcher er das Lied in Kiel gedichtet und in Musik gesetzt hat, als er unverhofft Erzieher der Söhne -des Amtmanns Stephan Hennings geworden und dadurch drückenden Sorgen enthoben war. 2. Nun danket alle Gott. Der Sänger dieses Liedes, welches so oft bei Erntefesten, wie am Jahres- schlüsse und an Friedensfesten gesungen worden ist und noch gesungen wird, ist Martin Rinkart, Archidiakonus zu Eilenburg in der Provinz Sachsen. Er hat mit seiner Gemeinde die ganzen, schweren Drangsale des dreißigjährigen Krie- ges durchlebt. Die furchtbare Pest, welche zu jener Zeit die deutschen Lande durchzog, wüthete auch in Eilenburg. Es starben täglich 40—50 Personen, im ganzen Pestjahre 8000. Dreimal täglich half Rinkart die Pestleichen beerdigen, wobei jedesmal 10 — 12 Leichen in eine Grube gelegt wurden. Aus solche Weise hat er 4480 Personen beerdigt. Er blieb aber dabei so gesund, daß ihm nicht ein Finger weh that. Auf die Pest folgte eine eben so furchtbare Hungersnoth, bei welcher viele den Hungertod starben. Man sah dazmnal öfters 20—30 Personen
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer