1872 -
Halle a/S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig, Sach, August
- Hrsg.: Johansen, Christian
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Päpste suchten deshalb durch wiederholte Verbote jene Feste zu verhindern, aber
die Gefahr und der Glanz lockten zu sehr, sie wurden nicht ausgerottet.
Ein Hauptunterscheidungszeichen der ritterlichen Familien wurden die
Wappen, welche seit dem Anfang der Kreuzzüge, auch im Siegel, immer
häufiger gebraucht wurden. Gewöhnlich erinnerten dieselben an eine Heldenthat
der Vorfahren; einer z. B., der zuerst eine feindliche Mauer erstiegen hatte,
erhielt eine goldene Leiter in sein Wappen, ein anderer, der angesichts der Feinde
allen voran durch einen Fluß geschwommen war, ein weißes Schild mit einer
quer hindurchgehenden Linie, die den Fluß andeutete.
Wie die Ritter überhaupt die Vorschriften des Christenthums zu erfüllen
hatten, so wurden ihnen besonders Demuth und Milde eingeschärft, zwei Tugenden,
die bei dem kriegerischen Leben nur zu leicht verloren gehen konnten. Im Aenßeren
zeigte sich die Verbindung des Ritterthums und der Religion besonders in den
großen Ritterorden, welche so feste und wohlgeordnete Genossenschaften bildeten,
daß Ansehen, Macht und Reichthum nicht ausbleiben konnten. Sie gingen
unmittelbar aus den Kreuzzügen hervor: Krankenpflege und Kampf gegen die
Ungläubigen waren ihre vorzüglichsten Aufgaben. Der wichtigste unter ihnen
war der Deutsche Orden, gestiftet während der Belagerung von Akkon durch
den Herzog Friedrich von Schwaben, Sohn Friedrich Barbarossas. Die Brüder,
welche alle von deutscher Abstammung sein mußten, wurden in streitende, dienende
und geistliche getheilt; die ersteren trugen einen weißen Mantel mit schwarzem
Kreuze. Als Akkon durch die Christen erobert war, ward es der erste Haupt-
sitz des Ordens und seines Meisters. Schon unter dem vierten Hochmeister,
Hermann von Salza, zählte er 2000 Ritter und besaß zahlreiche ,Güter
im Morgen- und im Abendland, besonders aber in Deutschland. Da Hermann
von Salza einsah, daß der Eifer für die Kreuzzüge bereits erkaltet und der gänz-
liche Verlust der noch übrigen christlichen Besitzungen im Morgenlande zu befürchten
sei, so nahm er das Anerbieten des Herzogs von Masovien an, dem Orden das
Culmerland 'abzutreten, wenn dieser einen Theil seiner Ritter zur Bekämpfung
der heidnischen Preußen an die Ostsee schicke. So begannen die Kämpfe des
Ordens gegen die Preußen, wobei die Ordensritter durch zahlreiche Schaaren
von Kreuzfahrern unterstützt wurden. Die Eroberung wurde von ihnen sehr
planmäßig betrieben: mit jedem Schritte, den sie weiter vordrangen, legten sie
Burgen an, besetzten sie mit Kriegsmannschaft und deviarteli die daneben neu
erbauten Städte (Culm, Thorn, Marienwerder) mit deutschen Einwohnern. Nach
einem 53 jährigen blutigen Kampfe unterwarfen sie durch Ausdauer und kriegerische
Ueberlegenheit ganz Preußen, welches anfangs durch einen Landmeister verwaltet
wurde. Als aber Akkon, nachdem es gerade 100 Jahre der Hauptsitz des Ordens
gewesen, an den Sultan von Aegypten verloren ging, 1291, zog der Hochmeister
nach Venedig, und als diese Stadt sich den päpstlichen Bann zugezogen hatte,
ward der Hauptsitz nach Marienbnrg verlegt (1309).
17. Die Hinrichtung Konradins.
Friedrich Barbarosias Nachfolger aus dem Hohenstaufengefchlechte hatten in Deutschland
und m Italien unablässige Kämpfe mit der welfischen Partei zu bestehen. Zu der letztern
zählten sich alle, welche die kaiserliche Macht zu Gunsten ihrer eigenen Freiheit zu schwächen
suchten; der alte deutsche Erbfehler, unabhängig sein zu wollen und sich nicht als dienendes