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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 53

1872 - Halle a/S. : Buchh. des Waisenhauses
53 die Berathung belausche, gab jeder seine Stimme ab. Daun wurde das Rath- maunsmahl gehalten, und nachdem der Diener die letzte Schussel aufgetragen hatte, wurde die Bitrgerglocke angezogen; der Rath trat zur Laube hinaus und verkündigte durch seinen Schreiber der versammelten Gemeinde die Namen der neuen Nathsherren. Daun ließ der Schultheiß diese schwören, dem Landesherrn und der Stadt treu dienen zu wollen. Die Bürgerschaft hielt auf Zucht und Ehre; niemand, der seine Ehre nicht bewahrt hatte, wurde in die Gilde aufgenommen. Kurz vor der Reformation, im Jahre 15ig, wurde Deutschland von einer Pest heimgesucht; da starb in Göttingen, wie auch in den Städten Nordheim und Braunschweig in wenigen Monaten ein Drittel der Einwohner. In dieser Zeit suchte man noch bei den Heiligen Hiilfe. So zogen dazumal die von Einbeck, wohl 300 Mann stark, gen Pöhlde, holten von dort das Heiligthum St. Fabian und Sebastian nach ihrer Stadt und brachten es dann wieder zurück. Durch die Reformation wurde das anders. Schon im Jahre 1523 fing die lutherische Lehre an, im Fürstenthum Göttingen bekannt zu werden. Anfänglich schenkte das Volk der neuen Lehre kein Ohr, und der Adel bekümmerte sich wenig darum. Handwerker waren es endlich, welche Anlaß gaben, daß auch Göttingen sich an der Reformation betheiligte. Einige Weber - und Tuchmachergesellcn, welche in Städten in Arbeit gestanden hatten, die der Reformation zugethan waren, kamen nach Göttingen und brachten die deutsche Bibel in die Stadt. Diese waren es auch, welche bei einem Umzuge durch die Stadt zur Abwehr der damals herrschenden Seuche das Luthersche Lied: „Aus tiefer Noth schrei ich zu Dir," anstimmten. Das Lied machte einen ergreifenden Eindruck auf die ver- sammelte Menge; schließlich stimmte sie mit ein. Daö war der erste Schritt zur Reformation in Göttingcn. In den Dörfern Grone und Roödorf lehrten schon evangelische Prediger, und die Bürger von Göttingen schlichen sich nun verstohlen hinaus zu deren Predigten, trotz der Strafe, die ihnen gedroht war. Da kam 1529 Friedrich Hübenthal aus dem Lüneburgschcn und hielt auf dem Kirchhofe von St. Georg die erste evangelische Predigt. Im Namen seiner Anhänger richtete er ein Schreiben an den Rath, in welchem er ihn dringend aufforderte, dem Lutherthum nicht länger entgegen zu sein. Der Rath aber beantwortete sein Schreiben nicht und ließ auf ihn fahnden. Da sammelten sich die evangelischen Bürger, wohl 300 an der Zahl, und besprachen sich, wie das Evangelium vor den Wider- sachern zu schirmen sein möchte. Man wählte zehn Männer, die beim Rathe die Angelegenheit ordnen sollten. Nur mit Miihe erhielten sie Gehör; ihre Bitte, dem Evangelium freien Lauf zu lassen und die Pauliner-Kirche zum neuen Gottes- dienst einzuräumen, fand keine Gewährung. Endlich aber sah sich der Rath den- noch nachzugeben genöthigt, und bat mit der Gemeinde den Landgrafen Philipp von Hessen, ihnen feine, stille, fromme und gelehrte Prediger zu senden. Vom Palmsonntage 1531 an wurde nach einer evangelischen Ordnung, welche Luther gut geheißen hatte, der Gottesdienst gehalten. Während des dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1620, kam Tilly auch vor Göttingen. Er hatte eben Münden schändlich verwüstet; nun forderte er die
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